Traumreise durch Westkanada

Wie alles begann ...

Es war ein Sonntag, Ende Oktober 2015. In der Stadthalle bei uns in Langenfeld war Kanadatag, organsiert von SK Touristik, dem Spezialisten für Kanadareisen. Es gab jede Menge spannende Vorträge und Präsentationen, z.B. zum Thema Bären oder Wohnmobilreisen. Wahnsinn, dachte ich, sowas muss toll sein ... mit dem Wohnmobil durch Kanada, frei und flexibel, bleiben, wo und wie lange es einem gefällt ... aber leider nur ein Traum. Gerade erst aus Alaska zurück, lag eine Kanadareise für mich in ganz ganz weiter Ferne. Und mit einem Wohnmobil, wo ich noch nicht mal einen Führerschein habe? Völlig unmöglich. Dachte ich zumindest ...

 

An diesem Infotag gab es unter anderem auch ein Gewinnspiel. Es musste ein - ziemlich umfangreicher und nicht grade leichter - Fragebogen zum Thema Kanada ausgefüllt werden. Zwischen den Programmpunkten machten wir uns also daran, die Fragen so gut es ging zu beantworten. Meine Mutter war schon kurz davor aufzugeben, aber ich dachte mir: So eine Chance lasse ich nicht ungenutzt verstreichen! Denn es gab - neben einem Rucksack, einer Jacke und einem Gutschein für ein Orca-Camp - auch eine Wohnmobilreise (2. Preis) bzw. PKW-Reise (1. Preis) durch Kanada zu gewinnen! Ich weiß, die Chancen, standen mehr als gering. Und normalerweise gewinnen ja eh immer die anderen. Aber versuchen musste ich es wenigstens. Also Karte eingeworfen, schnell zu Patna gefahren und wieder zurück, da abends die Gewinner gezogen werden sollten. Und dabei musste man anwesend sein, sonst würde der Gewinn weitergegeben werden.

Ich schaffte es gerade noch rechtzeitig zurück zu sein, da wurde es auch schon spannend. Alle waren bereits im großen Saal versammelt, als doch umentschieden wurde: Die Auslosung würde doch im Foyer stattfinden, wegen der Live Band und besseren Atmosphäre ... also alle wieder raus. Als dann alles aufgebaut war, fiel doch tatsächlich die durchsichtige Box mit all den ausgefüllten Bögen herunter und alle Zettel verteilten sich auf dem Boden ... jetzt im Nachhinein denke ich mir: Hat da vielleicht irgendjemand seine Finger im Spiel gehabt? Denn wäre das nicht passiert ...!

Dann war es endlich so weit: 5. Preis, 4. Preis, 3. Preis ... zur Vergabe der ersten beiden Gewinne wurde dann noch der Moderator gewechselt. Es wurde eine Karte gezogen, die Antworten auf ihre Richtigkeit überprüft (ja, das musste schon alles stimmen!) und dann kam der Moment, den ich nie vergessen werde ...:

 

"Oh, da kommt aber jemand von ganz weit her ...!"

Ich dachte schon: Na toll.

"Aus Langenfeld!"

Oha!

"Aus der Gartenstraße!"

 

In dem Moment muss ich schon irgendwas von mir gegeben haben, denn auf einmal drehten sich alle umstehenden Leute nach mir um ... Als dann tatsächlich mein Name fiel, konnte ich es nicht fassen:

ICH HATTE TATSÄCHLICH EINE 10-TÄGIGE WOHNMOBILREISE DURCH KANADA GEWONNEN!!

 

Nachdem ich in den nachfolgenden Tagen vermutlich mit einem Dauergrinsen durch die Gegend lief, begannen in den nächsten Wochen bereits die ersten Vorbereitungen. Wann fahren, wohin fahren, mit wem fahren? SK Touristik hatte uns recht wenig Vorgaben gemacht, sodass wir die Reise flexibel ausbauen konnten. Für mich war klar, dass ich, wenn ich schon einmal in Kanada wäre, länger als 10 Tage bleiben wollte. Auch der Zeitraum war schnell entschieden, die Wahl fiel auf den Herbst. Indian Summer, kaum Moskitos, nur noch verhältnismäßig wenig Touristen, dazu mit etwas Glück noch recht gutes Wetter.

Der Flug wurde gebucht und in den nächsten Wochen und Monaten sämtliche Reiseführer gewälzt, um eine ungefähre Route auszuarbeiten. Ganz grob sollte es von Calgary durch den Banff und Jasper Nationalpark nach Norden, dann wieder Richtung Süden nach Vancouver gehen. Falls es zeitlich machbar wäre, wollten wir außerdem für ein paar Tage hinüber nach Vancouver Island.

Und dann war es endlich so weit ...

Mittwoch, den 14.09.2016

Da hat man fast 1 Jahr Zeit für die Reisevorbereitungen, und was ist das Ende vom Lied? Dass ich in der vergangenen Nacht ganze 15 Minuten im Bett gelegen habe (schlafen möchte ich das jetzt nicht nennen). Bis spät in die Nacht hinein war ich noch mit Packen beschäftigt und immer wenn ich dachte, jetzt hab ich's endlich, fielen mir noch 10 andere Dinge ein. Um 3 Uhr hieß es dann eh wieder aufstehen und auf zum Flughafen, wobei wir auf dem Weg noch Annika einsammelten.

Da ich erst eine Woche vorher in Hanau gewesen war und wir von Frankfurt bis nach Hause über 5 (!) Stunden gebraucht hatten, hatte ich einige Bedenken, ob wir denn pünktlich am Flughafen eintreffen würden. Schließlich sollten wir 3 Stunden vor Abflug da sein, bei Reisen in die USA und Kanada sind die Kontrollen ja immer etwas zeitaufwendiger. Aber glücklicherweise geht alles gut, auch das Parken klappt auf Anhieb (unsere Parkhausabenteuer am Frankfurter Flughafen sind ja fast schon legendär). Wir sind sogar so früh dran, dass unsere Check-In Schalter noch geschlossen haben und wir erstmal frühstücken gehen. Zu diesem Zeitpunkt ahnen wir ja noch nicht, was uns danach erwartet ...

Vor Reiseantritt mussten wir sowohl einen ESTA (für USA) als auch einen ETA (für Kanada) Antrag stellen, um Einreisen zu dürfen. Das klappte soweit bei uns allen auch problemlos. Beim Check-In gibt es dann Probleme mit Annikas ESTA-Antrag. Der "nette" Herr am Schalter meint, der sei nicht genehmigt worden. Annika hatte eine Mail mit der Genehmigung erhalten, aber angeblich würde die jeder automatisch zugeschickt bekommen ... ah ja. Wir warten einen Moment und kommen dann glücklicherweise zu einer anderen Dame, die etwas mehr Ahnung zu haben scheint. Oder zumindest etwas mehr bemüht ist, das Problem zu lösen. Allerdings kann auch sie nicht verhindern, dass wir insgesamt fast 2 Stunden brauchen, bis wir endlich unsere Flugtickets in den Händen halten! Es gab wohl irgendeinen Systemfehler, sodass die ESTA Daten zwischendurch nicht eingelesen werden konnten ...

Gegen viertel nach 10 geht dann unser Flug mit Condor, mit einer Zwischenlandung in Seattle. Auch dort müssen wir uns an Automaten registrieren und bekommen am Ende einen Zettel mit unseren Daten ausgedruckt. Leichte Panik kommt wieder auf, als Annikas Zettel erscheint - er ist komplett durchgestrichen! Also wieder in eine Schlange eingereiht um das zu klären - große Erleichterung, als Annika trotzdem weiter darf! Wir sammeln schnell noch unsere Koffer ein und geben sie direkt wieder auf, dann geht es auch schon zum Gate zu unserem Weiterflug nach Calgary. Die kurze Strecke fliegen wir mit Alaska Airlines in einer recht kleinen Propellermaschine.

Nach insgesamt rund zehn Stunden Flugzeit kommen wir bald darauf endlich in Calgary an. Bereits auf der Busfahrt ins Stadtzentrum bekommen wir einen ersten Eindurck von der entspannten Mentalität der Kanadier, die mich direkt an die der Neuseeländer erinnert. Unser Busfahrer hält zwischendurch einfach an einer Haltestelle an und fragt ob es ok ist, wenn er gleich wieder kommt. Daraufhin verschwindet er, kommt erst nach etlichen Minuten wieder und setzt seine Fahrt fort. Mach das mal einer in Deutschland! Auch hier bedanken sich die Fahrgäste beim Aussteigen beim Fahrer, wie in Neuseeland.

Die erste Nacht verbringen wir in einem Hostel und gehen recht früh schlafen, wobei sich der Jetlag dann doch zumindest bei mir ein wenig bemerkbar macht ...

Flug über die Rocky Mountains
Flug über die Rocky Mountains
unser Hostel in Calgary
unser Hostel in Calgary

Donnerstag, den 15.09.2016

Heute haben wir einen ganzen Tag Zeit in Calgary. Zuhause hatte ich noch gedacht, dass es vielleicht doch ein Fehler gewesen war, 2 Nächte in Calgary zu verbringen und nicht direkt am Morgen nach der Ankunft das Wohnmobil abzuholen. Fast überall wurde Calgary als nicht besonders sehenswerte Stadt beschrieben, deren einzige Attraktion die alljährlich stattfindende Calgary Stampede zu sein scheint, ein Rodeo und die größte Freiluftveranstaltung der Welt. Doch ich muss sagen, am Ende des Tages sind wir positiv überrascht!

Zunächst machen wir uns bei Sonnenschein und blauem Himmel auf zum Prince's Island Park, am Bow River. Die Bäume beginnen bereits sich gelb und orange zu verfärben. Wenn das hier in der Stadt schon so toll aussieht, wie wird es erst in den Bergen sein?! Wir treffen auf die ersten einheimischen "Wild"Tiere: Kanadagänse und Squirrels, eine Art kanadisches Eichhörnchen. Etwas ungewohnt kommt uns die Arbeit der Gärtner vor: an den Stellen, an denen der Rasen im Park nicht mehr ganz optimal aussieht, wird einfach kurzerhand Rollrasen verlegt ...

Prince's Island Park
Prince's Island Park

Nach einem kurzen Abstecher durch das wenig beeindruckende Chinatown geht es schließlich wieder zurück Richtung Downtown. Auf dem Weg kommen wir an einem Buchladen vorbei, natürlich nicht ohne dort einen kurzen Stop einzulegen ;-)

Als nächstes fahren wir hinauf auf den Calgary Tower. Bei klarem Wetter, wie wir es heute haben, hat man von dort oben eine tolle 360° Sicht auf die Stadt und die Rocky Mountains im Hintergrund. Der Aussichtsturm war mit seinen 190 Metern mal das höchste Gebäude der Stadt, wird aber inzwischen von zahlreichen umliegenden Wolkenkratzern überragt.

Anschließend statten wir dem Glenbow Museum einen kurzen Besuch ab. Ich hatte gelesen, dass der Bereich über die Indianer (First Nations in Kanada) sehr gut sein soll. Highlight sind dann tatsächlich das Tippi und das Birkenrindenkanu ... da werden Erinnerungen wach! Auch die anderen Ausstellungen sind recht interessant, unter anderem gibt es den ältesten Stein der Welt sowie Mineralien zu bewundern, die im Dunkeln leuchten.

Blick vom Calgary Tower
Blick vom Calgary Tower

Weiter geht es zum Stampede Park, dem Gelände der Calgary Stampede. Hier befindet sich auch das berühmte Wahrzeichen der Stadt, der Saddle Dome. Dies ist ein großes Stadion, in dem unter anderem Hockey und Lacrosse Spiele stattfinden und das Platz für über 19.000 Zuschauer bietet.

Wir schauen kurz im Grain Museum vorbei, einer Ausstellung zum Thema Getreideanbau in Kanada. Und bekommen ein weiteres Mal einen Eindruck von der Mentalität der Kanadier, die sich in vielem so sehr von der der Deutschen unterscheidet. Wir betreten um kurz vor vier das Museum, ohne zu wissen, dass es normalerweise um 16 Uhr schließt. Der Museumsangestellte verliert darüber auch kein Wort, sondern heißt uns herzlich willkommen und erklärt kurz, was es in der Ausstellung alles zu sehen gibt. Wenn wir Fragen haben, einen Film schauen wollen, er die Modelleisenbahn anschmeißen oder uns das Silo erklären soll, sollen wir uns einfach melden. Der Besuch ist natürlich kostenlos. Nachdem wir uns ein wenig umgesehen haben, kommen wir mit ihm ins Gespräch über unsere bevorstehende Reise. Er gibt uns zahlreiche Tipps, wo wir unbedingt hinfahren und was wir uns anschauen sollen und erzählt uns einiges über Kanada und Vancouver Island, wo er eigentlich herkommt. Zwischendurch schließt er die Tür, da ja eigentlich schon längst geschlossen ist, meint aber zugleich, wir könnten ruhig so lange bleiben wie wir wollen. Er erklärt uns dann noch ausführlich an einem Modell, wie ein Silo funktioniert und was es mit den verschiedenen Getreidearten auf sich hat, die darin gelagert werden. Als wir uns schließlich wieder auf den Weg machen, ist es schon nach 5. Der gute Mann hatte bereits seit vier Uhr Feierabend und noch nicht mal Eintritt für unseren Besuch verlangt!

Noch immer etwas perpplex über so viel ungewohnte Freundlichkeit denken wir, dass er einfach froh über unseren Besuch und unser Inetresse war. Vermutlich verirren sich nicht allzu viele Leute in das kleine Museum.

Abends im Hostel gibt es dann noch eine unerfreuliche Überraschung: Annikas Bett (wir schlafen in einem 6-Bett-Zimmer) ist geräumt und neu belegt ... Bereits gestern hatte wohl jemand das faslche Bett bezogen, woraufhin wir auch nicht die nehmen konnten, die uns eigentlich zugeteilt worden waren. Eigentlich hatten wir uns nicht viel dabei gedacht, ob nun Bett Nummer 2 oder 3 solllte doch egal sein, solange es frei ist. Nun ja, die Putzfrau sah das scheinbar etwas anders, aber schließlich ist auch dieses Problem gelöst und wir lassen den Abend mit ein paar mitgebrachten Brettspielen ausklingen.

Saddle Dome
Saddle Dome

Freitag, den 16.09.2016

Heute ist es endlich soweit, wir werden unser Wohnmobil und damit unser Zuhause für die nächsten zwei Wochen in Empfang nehmen!

Überpünktlich um halb zehn holt uns ein Mitarbeiter von Fraserway am vereinbarten Treffpunkt ab und bringt uns und ein paar weitere Gäste zur Vermietstation. Der ganze Parkplatz steht voll mit Wohnmobilen und Truck-Campern in den unterschiedlichsten Größen und Ausstattungen. Und eins davon ist für uns reserviert!!

Die Übernahme gestaltet sich dann sehr unkompliziert. Die nette Mitarbeiterin war vor 10 Jahren aus Duisburg nach Kanada ausgewandert und auch der Herr, der uns in die technische Wunderwelt unseres neuen Gefährts einweist, ist Deutscher. Wir bekommen noch eine Karte mit Infos, wo wir unseren Ersteinkauf am günstigsten erledigen können (Walmart, erster Stop: Twizzlers bzw. Peanutbutter-M&Ms, zweiter Stop: das Nudelregal) und wie wir anschließend auf unsere Route Richtung Banff gelangen. Und dann geht es auch schon los, on the road, auf ins Abenteuer!

an der Vermietstation von Fraserway - gleich geht es los!
an der Vermietstation von Fraserway - gleich geht es los!

Auf dem Trans Canada Highway (TCH) geht es zunächst nach Banff. Dieser Highway, mit seinen rund 8.030 Kilometern die drittlängste Straßenverbindung der Welt, verläuft von Ost nach West quer durchs Land und verbindet so 10 der 13 kanadischen Provinzen miteinander.

hinter uns Calgary, vor uns die Rocky Mountains ...
hinter uns Calgary, vor uns die Rocky Mountains ...

Gegen Abend treffen wir in Banff ein und buchen einen Stellplatz auf dem schön gelegenen Tunnel Mountain Campground. Es dämmert bereits, trotzdem beschließen wir, noch einen kurzen Trail in Angriff zu nehmen. Es geht durch den Wald und hin zu einem Lookout, von dem aus man eine gute Sicht auf das Tal, das berühmte Fairmont Banff Hotel und sogenannte Hoodoos, seltsam geformte Sandskulpturen, hat. Für den Rückweg schlagen wir zunächst einen anderen Trail ein, um nicht den gleichen Weg zweimal gehen zu müssen. Da die Karten und Wegweiser aber nicht allzu genau sind und es bereits dämmert, kehren wir jedoch bald um und nehmen den bekannten Weg. Eine weise Entscheidung, denn zurück am Wohnmobil ist es bereits dunkel.

 

unser Stellplatz auf dem Tunnel Mountain Campground
unser Stellplatz auf dem Tunnel Mountain Campground

Samstag, den 17.09.2016

Nach dem Frühstück brechen wir auf und fahren den Tunnel Mountain Drive entlang hinunter in die Stadt. Unterwegs halten wir an mehreren Stellen an und laufen einen 2,3 km langen Pfad hinauf auf den Tunnel Mountain. Von dort hat man eine wunderbare Aussicht auf Banff und das Tal des Bow und Spray River.

Blick vom Tunnel Mountain auf Banff
Blick vom Tunnel Mountain auf Banff

Als nächstes halten wir an den Bow Falls und laufen am Fluss entlang in die Stadt. Das Örtchen Banff ist mit den Bergen im Hintergrund recht hübsch gelegen, mit seinen unzähligen Restaurants und Souvenirshops aber recht touristisch.

Bow Falls
Bow Falls
Innenstadt von Banff
Innenstadt von Banff

Wir statten der Cave and Basin National Historic Site noch einen Besuch ab, zu der wir als Inhaber des Discovery Pass sogar freien Eintritt haben. Dieser Ort gilt als Geburtsstätte der kanadischen Nationalparks. Es gibt eine Ausstellung zu diesem Thema, sowie heiße Quellen mit mineral- und schwefelhaltigem Wasser in einer Höhle sowie im Freien.

Von Banff aus folgen wir einer Nebenstraße des TCH, dem Bow Valley Parkway, in Richtung Lake Louise. Diese Alternativroute soll landschaftlich schöner sein als der Highway und gute Chancen zur Tierbeobachtung bieten. Tatsächlich sehen wir ein paar Maultierhirsche, die vor uns die Straße überqueren.

Am Johnston Canyon fängt es leider an zu regnen. Wir entschließen uns, zumindest zu den Lower Falls zu laufen und dann zu entscheiden, ob wir noch weiter gehen.  Der Weg führt durch eine Klamm entlang des Johnston Creek bis zu den Wasserfällen. Wir laufen weiter bis zu den Upper Falls und schließlich auch noch zu den Ink Pots. Auf diesem letzten Teilstück kommen uns nur noch wenige Wanderer entgegen, die meisten besuchen nur die Wasserfälle und kehren dann wieder um. Aber die wenigen, die wir treffen, ermutigen uns trotz des anstrengenden Weges (es geht stetig und teilweise steil bergauf) weiterzugehen, es lohne sich! Und das tut es. Die Ink Pots sind 4 Grad kalte Mineralquellen, die in unterschiedlichen Blau- und Grüntönen leuchten.

Lange aufhalten können wir uns dort aber leider nicht, da es bereits zu dämmern anfängt. Und wir müssen die knapp 6 Kilometer durch einsamen Wald und entlang der Klamm ja noch zurück.

Johnston Canyon
Johnston Canyon
Ink Pots
Ink Pots

Aber alles geht gut, wir erreichen das Wohnmobil noch bevor es ganz dunkel ist. Dann überlegen wir, wie wir weiter vorgehen wollen. Wir entscheiden uns, noch das restliche Stück des Bow Valley Parkway bis Lake Louise zu fahren und dort zu übernachten. Dann würden wir während der Fahrt zwar nicht mehr viel sehen, hätten aber morgen etwas Zeit gewonnen.

Da wir recht spät in Lake Louise eintreffen, ist die Rezeption des Campingplatzes nicht mehr besetzt. In Deutschland hätte man nun in 99% der Fälle vor einer verschlossenen Schranke gestanden und einfach Pech gehabt. Nicht so in Kanada: Man sucht sich einfach einen freien Platz aus und bezahlt am nächsten Morgen. Oder es kommt ein Aufseher vorbei und kassiert. Oder - was wir auch sehr häufig erlebten - man wirft das Geld einfach in einem Umschlag in einen Briefkasten.

Auch die Sache mit Strom und Wasser wird hier sehr simpel gehandhabt: Entweder man hat einen Stellplatz mit Strom- und/oder Wasseranschluss und bezahlt dann eben ein paar Dollar mehr, oder man nimmt einen Stellplatz "ohne alles". Nix mit Stromzählern und Abrechnung nach Verbrauch ...

Sonntag, den 18.09.2016

Für heute stehen der Moraine Lake und Lake Louise auf dem Program, zwei laut diversen Reieführern wunderschöne Bergseen, die man auf keinen Fall verpassen darf. Sie sind so beliebt, dass dazu geraten wird sie entweder sehr früh oder sehr spät zu besuchen, da die Parkplätze insbesondere am Wochenende extrem überfüllt sind und man eigentlich kaum einen Parkplatz bekommt. Nun sind wir ausgerechnet an einem Sonntag da. Vormittags, zur ungünstigsten Zeit. Und dann auch noch mit einem Wohnmobil ... Aber hier ziegt sich erneut, dass unsere Reise unter einem sehr guten Stern zu stehen scheint. Wir landen doch zunächst beim Moraine Lake - obwohl wir eigentlich erst den Lake Louise besuchen wollen - und bekommen trotz Überfüllung prompt einen Parkplatz.

Während der Fahrt fängt es an zu schneien doch es hört auf, als wir aussteigen. Ziemlich kalt ist es aber noch immer und es weht ein eisiger Wind - kein Wunder, liegt dieser von Gletschern gespeiste See doch in einer Höhe von 1.884m. Vom Ufer des Sees hat man einen wunderbaren Blick auf die zehn Berggipfel des Valley of the Ten Peaks. Es verwundert nicht, dass dieser See das Cover diverser Reiseführer und Kalender ziert.

Zunächst nehmen wir uns den kurzen Rockpile Trail vor, der hinauf auf eine kleine Anhöhe führt. Von dort hat man einen herrlichen Ausblick auf den See und die ihn umgebenden, schneebedeckten Berge.

Moraine Lake
Moraine Lake

Als nächsten wollen wir gern den etwas längeren Trail zum Consolation Lake laufen. Doch daraus wird erstmal nichts. Am Trailhead steht ein Schild mit der Info, dass es aufgrund des starken Bärenaufkommens gesetzlich verboten sei, den Trail mit weniger als vier Personen zu gehen. Hm. Wir sind zu dritt. Unschlüssig warten wir in der Hoffnung, dass sich doch noch ein paar andere Leute einfinden, denen wir uns anschließen können. Aber außer (ziemlich zahlreichen) Asiaten, die nur schnell ein Bild von dem Schild machen und dann wieder zurück zu ihrem Bus sausen, kommt niemand. Ein paar Wanderer, die den Trail grade beendet haben, wünschen uns viel Glück bei der Suche nach einem vierten Begleiter und meinen, wir sollen auf keinen Fall aufgeben! Wir überlegen, ob wir es nicht auch zu dritt versuchen könnten ... ob nun vier oder drei, so groß ist der Unterschied ja nun nicht ... Schließlich beschließen wir, noch einmal zurück zum Parkplatz und der Infotafel zu laufen und dort zu schauen, ob nicht noch andere diesen Trail laufen wollen. Und wiederum haben wir Glück: Wir finden eine kleine kanadische Wandergruppe, die sogar von einer erfahrenen Wanderführerin begleitet wird! Wir fragen, ob wir uns eventuell anschließen dürfen - und während das in Deutschland vermutlich ein Problem gewesen wäre und man erstmal ein Anmeldeformular hätte ausfüllen müssen, war es hier keins! Natürlich können wir mit, gar kein Thema!

So machen wir uns also auf den Weg. Zunächst geht es über ein Geröllfeld, dann hinein in den Wald. Unten plätschert ein Gebirgsbach und überall wachsen - teilweise recht abenteuerlich aussehende - Pilze. Der Trail endet am Consolation Lake, einem weiteren Bergsee mit einem Gletscher im Hintergrund. Bevor es zurück geht machen wir hier kurz Pause, wobei ein Chipmunk für beste Unterhaltung sorgt. Immer auf der Suche nach leckeren Nüsschen, flitzt es zwischen den Felsbrocken hin und her und klettert sogar auf den Schoß der Wanderführerin, um an etwas Essbares zu kommen.

Inzwischen haben sich auch die Wolken verzogen. Die Sonne kommt heraus und taucht die schneebedeckten Berggipfel in ein herrliches Licht.

Wieder zurück am Parkplatz sind wir froh, dass wir wirklich nicht aufgegeben haben und den Trail gelaufen sind. Und dann auch noch mit einer so netten Wandergruppe plus Guide - was für ein Glück!

Kein Durchgang für Gruppen unter 4 Personen!
Kein Durchgang für Gruppen unter 4 Personen!
auf dem Weg zum Consolation Lake
auf dem Weg zum Consolation Lake
Consolation Lake
Consolation Lake

Als nächstes machen wir uns auf den Weg zum Lake Louise, dem laut Reiseführer "meistfotografiertesten Bergsee der Welt". Die Parkplätze sind wieder total überfüllt - und wieder bekommen wir nach kurzer Suche einen Platz!

Hier am Lake Louise herrscht noch ein wenig mehr Trubel als am Moraine Lake, man muss sich schon ganz genau positionieren, um ein Foto von dem See zu machen ohne die Menschentrauben mit drauf zu haben. Auch hier entschließen wir uns dazu, einen der zahlreichen Wanderwege in Angriff zu nehmen und so noch etwas mehr von der Umgebung zu sehen. Zunächst geht es am Seeufer entlang und am berüumten Fairmont Chateau Lake Louise vorbei, einem imposanten Luxushotel. Es wurde vor über 100 Jahren durch die Canadian Pacific Railway gebaut, um wohlhabende Bahnreisende unterzubringen.

Lake Louise
Lake Louise
Fairmont Chateau Lake Louise
Fairmont Chateau Lake Louise

Für uns geht es jedoch weiter, hinein in den Wald, vorbei am Mirror Lake und 3,6km stetig bergauf bis zum Lake Agnes in 2.135m Höhe. Direkt neben diesem idyllischen Bergsee befindet sich das Lake Agnes Tea House, ein kleines Café in einer urigen Blockhütte. Seit 1905 wird dort Tee verkauft, inzwischen über 100 verschiedene Sorten und weitere Köstllichkeiten wie heiße Suppen, Scones, frisches Brot oder Cookies - natürlich alles im Familienbetrieb selbst gemacht. Dort oben gibt es keinen Strom und kein fließendes Wasser und alle frischen Lebensmittel müssen von den Mitarbeitern den Berg hinauf geschleppt werden. Das Holzhaus wurde 1981 durch ein Neues ersetzt, die Stühle und Tische sind jedoch noch original. Auch wir machen dort kurz Halt und bekommen - trotz Andrang und weniger Plätze im Innern der Hütte - einen freien Tisch. Bei einem heißen Kakao bzw. Blaubeertee und Chocolate Chip Cookie stärken wir uns für die nächste Etappe zum sogenannten Little Beehive, von wo aus man eine herrliche Aussicht auf den Lake Louise mit seiner unglaublich türkisen Farbe und das angrenzende Tal hat.

Lake Agnes
Lake Agnes
Blick auf den Big Beehive
Blick auf den Big Beehive

Wieder zurück am Camper, fahren wir an diesem Abend noch ein Stück weiter bis zum Yoho Nationalpark und verbringen die Nacht auf dem wunderschön im Wald gelegenen Kicking Horse Campground.

Es ist bereits dunkel, als wir dort ankommen. Und zwar richtig dunkel. Während Christoph sich schon mal um die Nudeln kümmert, ziehen Annika und ich los, um den Weg zum Waschhaus zu erkunden und die Duschen in Augenschein zu nehmen. Der Weg dahin ist eigentlich nicht weit und nicht schwer - zumindest bei Tageslicht. Hier ist es aber inzwischen so stockfinster, dass wir unser Wohnmobil nicht mehr wiederfinden ... Wie die Blöden laufen wir zwischen den Reihen entlang, wobei die schwache Taschenlampe, die wir mitgenommen haben, auch nicht wirklich hilft. Als wir uns schon fast damit abgefunden haben die Nacht mit den Bären im Freien zu verbringen, entdecken wir einen versteckten Pfad, der rechts von einem Hauptweg abzweigt - und siehe da: Dort steht auch unser Wohnmobil! Ich erzähle jetzt besser nicht, dass uns das Gleiche noch dreimal am gleichen Abend passiert ist ...

Montag, den 19.09.2016

Nachdem wir den Weg zu den Duschen nun doch endlich verinnerlicht haben und er im Hellen auch wirklich sehr simpel ist, kommen wir dann doch zeitig los. Unseren ersten Stop legen wir in der kleinen Ortschaft Field ein, wo wir uns im Visitor Centre ein wenig informieren wollen. Insbesondere interessiert uns die Meinung der Guides, ob wir mit unserem Camper die Takakkaw Falls erreichen können ... Diese sollen ein echtes Highlight in der Gegend sein - was bei der Menge an Wasserfällen, die es hier gibt, ja wirklich etwas heißt! Allerdings ist die Zufahrtsstraße dorthin extrem eng und kurvig und für größere Wohnmobile nicht geeignet. Der nette Herr hinter dem Schalter malt uns dann eine Skizze auf und erklärt uns anhand dieser, wie wir die Anfahrt meistern können: ein Stück vor, rückwärts rangieren und um die Kurve, wieder ein Stück vor ... Wir entscheiden uns dann doch dagegen. Schließlich gibt es hier auch sonst noch mehr als genug zu sehen.

Zunächst fahren wir zum Emerald Lake. Muss ich erwähnen, dass wir trotz sehr begrenzter Parkmöglichkeiten sofort eine Lücke finden ...?

Wir laufen einen Trail um diesen ebenfalls wunderschönen, türkisfarbenen See herum. Anschließend nehmen wir noch einen weiteren Pfad durch den Wald. Dieser soll eigentlich zu den Hamilton Falls führen, doch da der Trail nicht wirklich gut ausgeschildert ist, verpassen wir die Abzweigung. Wir klettern weiter und weiter den Pfad hinauf, bis irgendwann erste Zweifel aufkommen. Denn laut den Kilometerangaben hätten wir schon längst dort sein müssen. Stattdessen bringt uns der Pfad immer weiter weg vom Fluss und auch das für einen Wasserfall so typische Rauschen hören wir nicht. Wir müssen uns entscheiden: Sollen wir dem Trail weiter folgen ohne zu wissen, wie weit er noch geht und wo er endet? Oder umkehren? Aber vielleicht liegt der Wasserfall ja schon hinter der nächsten Kurve und vielleicht ist er total schön und wir würden richtig was verpassen, wenn wir jetzt umdrehen .... Letztendlich laufen wir noch ein kleines Stück weiter und als wir immer noch kein Anzeichen der Hamilton Falls entdecken können, drehen wir um. Auf dem Rückweg biegen wir dann noch in einen Seitenweg ein, an dem wir auf dem Hinweg vorbei gelaufen sind - und siehe da: Vor uns liegen die Hamilton Falls!

Emerald Lake
Emerald Lake

Unseren nächsten Halt legen wir bei der Natural Bridge ein. Dies ist eine natürlich entstandene Steinbrücke über den Kicking Horse River.

Natural Bridge
Natural Bridge

Ganz in der Nähe lassen sich von einem Viewpoint direkt an der Straße die sogenannten Spiral Tunnels begutachten. Dies sind Eisenbahntunnel, die in Spiralen durch mehrere Berge und unter der Straße hindurch führen. Die Züge hier sind ja bekanntlich extrem lang - einmal sind wir für fast 5 Kilometer neben einem Zug hergefahren! - sodass man beobachten kann, wie das eine Ende vom Zug in den Tunnel hinein und das andere bereits wieder hinaus fährt. Natürlich haben wir wieder Glück und müssen nicht lange warten, bis tatsächlich ein Güterzug kommt!

Dieser Ort ist so bedeutend für die Geschichte Kanadas, dass er 1971 zu einer National Historic Site erklärt wurde. In den 1870er Jahren sollte British Columbia eine Zuganbindung an den Rest des Landes erhalten. Es wurden verschiedene Strecken in Betracht gezogen, doch die Wahl fiel trotz des schwierigen Terrains auf den Kicking Horse Pass, da er sich sowohl in der Nähe der Pazifikküste als auch der US-Grenze befindet. Doch eine Eisenbahnstrecke über einen so steilen Pass zu führen, brachte große Probleme mit sich. Schließlich wurden - nachdem sich andere Lösungen als nicht praktikabel herausgestellt hatten - die Spiral Tunnels nach einem Schweizer Vorbild fertiggestellt.

Spiral Tunnels
Spiral Tunnels

Weiter geht es für uns auf dem Icefields Parkway Richtung Norden. Diese 232 Kilometer lange Straße führt durch die beiden Nationalparks Banff und Jasper und zählt zu den schönsten Panoramostraßen der Welt - zu Recht! Die Landschaft links und rechts der Straße ist absolut beeindruckend: schneebedeckte Berge und im Kontrast dazu die orange und gelb gefärbten Laubbäume - ein Traum.

Im Vorfeld hatten wir uns Gedanken gemacht, ob diese Straße überhaupt noch freigegeben sein würde. Denn sobald die ersten stärkeren Schneestürme einsetzen, wird sie gesperrt. Wir haben mal wieder Glück, sie ist noch offen - wurde jedoch nur ein oder zwei Wochen später gesperrt, wie ich beim Kanadatag in Münster zufällig erfahren habe!

Entlang dieser Straße bieten zahlreiche Viewpoints, Trails, Canyons, Seen und Gletscher eine gute Gelegenheit für Stops.

Wir legen unseren ersten Halt am Bow Summit ein, dem höchsten Punkt entlang des Icefields Parkway. Ein kurzer Trail führte durch den Wald bis zum Rand einer Klippe, von wo aus man eine spektakuläre Aussicht auf den türkisfarbenen Peyto Lake und die ihn umgebenden Berge hat. Es ist schon ein Wahnsinns-Gefühl da zu stehen und genau das Motiv mit eigenen Augen zu sehen, was man sonst nur von Kalendern und Bildbänden kennt!

Während die meisten nur kurz für ein obligatorisches Selfie zum Aussichtspunkt und dann wieder schnell zurück zu ihrem Reisebus laufen, wandern wir noch einen kurzen Interpretive Trail durch einen lichten Nadelwald entlang, auch wieder mit einer tollen Sicht auf die umliegenden Berge.

Peyto Lake
Peyto Lake
Blick auf die umliegenden Berge
Blick auf die umliegenden Berge

Nächster Halt: der Mistaya Canyon. Vom Parkplatz führt ein kurzer Trail zu der spektakulären Schlucht, durch die sich der Mistaya River seinen Weg bahnt.

Wie schnell die Zeit doch verfliegt ... während wir den Canyon erkunden, dämmert es bereits und zurück am Wohnmobil wird es Zeit, nach einem Platz für die nächste Nacht Ausschau zu halten. Unsere Wahl fällt auf den Rampart Creek Campground. Insgeheim hatten wir ja auf Stromanschluss gehofft - zum Aufladen der Akkus und den Betrieb der Mikrowelle - und müssen ernüchtert feststellen, dass es noch nicht mal Duschen oder ein Waschhaus gibt, sondern nur Plumpsklos. Aber was soll's, dafür liegt der Platz wieder wunderschön im Wald und in direkter Nähe zum North Saskatchewan River. Und verhungern werden wir auch nicht, schließlich haben wir ja noch Nudeln ...

Mistaya Canyon
Mistaya Canyon
auf dem Icefields Parkway
auf dem Icefields Parkway

Dienstag, den 20.09.2016

Nachdem es gestern bei unserer Ankunft ja mal wieder dunkel war, machen wir uns heute vor der Abfahrt zunächst noch auf den Weg zum Fluss. Auf dem Weg dorthin bemerken wir erleichtert, dass unsere Zeltnachbarn ihre Lebensmittel dann doch noch verstaut haben - gestern Abend hatten sie diese noch offen auf ihrem Picknickstisch präsentiert. Hier, mitten im Bärengebiet, wird überall daran erinnert, Lebensmittel und auch sonst alles was irgendwie riecht, bärensicher aufzubewahren. Auf den meisten Campingplätzen stehen dafür bärensichere Container bereit - ansonsten in sicherer Entfernung vom Zelt in die Bäume hängen! Obwohl ich nichts gegens Zelten hab, sind wir dann doch recht glücklich über den "Luxus" eines Wohnmobils - nicht nur wegen der wilden Tiere, sondern auch wegen den Temperaturen: Hier oben in den Bergen wird es vor allem nachts bereits empfindlich kalt.

North Saskatchewan River
North Saskatchewan River

Weiter geht es für uns entlang des Icefields Parkway. Hatten wir bisher meist schönses Wetter mit blauem Himmel und Sonnenschein, geraten wir nun in ein heftiges Schneegestöber. Die dicken Flocken wehen waagerecht an den Fenstern vorbei und wir sind schon wieder froh und dankbar für unser behagliches Gefährt, als wir einen Radfahrer am Straßenrand entdecken.

Doch wie soll es anders sein: Pünktlich als wir unser nächstes Zwischenziel erreichen und aus dem Auto steigen, hört es auf zu schneien. Wir wollen den Parker Ridge Trail hinauf, einen steilen Pfad hoch auf einen Bergkamm. Zunächst ist der Weg noch gesäumt von niedrigen Nadelbäumen, doch je höher es geht, desto weniger werden diese, bis sie schließlich ganz verschwinden und der eisige Wind uns ungebremst um die Ohren weht. Der Ausblick auf die verschneite Landschaft ist wunderschön, weit unter uns können wir noch so grade unser winziges Wohnmobil ausmachen. Doch um wie viel grandioser ist die Aussicht erst auf der anderen Seite! Dort hat man freie Sicht auf den Saskatchewan Glacier, den längsten Gletscher der Rocky Mountains! Er bildet eine der drei Gletscherzungen des riesigen Columbia Icefields.

Wir laufen noch ein wenig weiter den steilen Bergkamm entlang und müssen höllisch aufpassen, auf dem Geröll und dem Schnee nicht aus- und den mehrere hundert Meter tiefen Abhang hinunter zu rutschen.

Zunächst geht alles gut, doch auf dem Rückweg hinunter zum Wohnmobil passiert es dann: Die Sonne hat den Schnee teilweise geschmolzen und den Boden aufgeweicht, sodass er extrem rutschig und matschig ist. Trotz aller Vorsicht geht es plötzlich ganz schnell und ehe ich realisieren kann was passiert, liege ich wie eine Schildkröte auf dem Rücken im Matsch. Wieder auf allen vier - entschuldigung - zwei Beinen kann ich mich vor Lachen kaum halten und bitte Annika um ein Beweisfoto - heute ist definitv der Zeitpunkt gekommen, eine neue Hose aus dem Koffer zu kramen :-)

Saskatchewan Glacier
Saskatchewan Glacier

Dieser Tag steht ganz im Zeichen von Schnee und Eis, denn unser nächstes großes Ziel ist das Columbia Icefield Centre. Das Columbia Icefield ist mit einer Fläche von 325 Quadratkilometern und einer Dicke von 100 bis 365 Metern das größte Eisfeld der nordamerikanischen Rocky Mountains. Hier, in unmittelbarer Nähe des Icefield Centres, formt der Athabasca Glacier eine weitere Gletscherzunge.

Wir machen uns aber zunächst auf den Weg in das Centre, um unsere Tickets für den Glacier Skywalk zu buchen. Dies ist eine - erst im Jahr 2014 eröffnete - Aussichtsplattform, die in 280 Metern Höhe über den Rand einer Schlucht hinaus ragt. Und einen Glasboden besitzt.

Wir kaufen unsere Ticktes, müssen aber noch ein wenig warten bis es los geht. Die Zeit vertreiben wir uns in der Ausstellung und mit einem Kurzfilm, bevor wir uns dann auf dem Parkplatz einfinden, von wo aus wir in Bussen bis zu dem Canyon gebracht werden. Während die meisten Besucher direkt den Pfad am Rand der Schlucht entlang zu der Plattform laufen, lassen wir uns Zeit. Suchen die gegenüberliegenden Berghänge nach Bären ab und studieren die Schautafeln entlang des Weges, die über Flora, Fauna und Geologie dieser besonderen Gegend informieren. Irgendwann kommen dann auch wir am Skywalk an und wagen uns mehr oder weniger mutig hinauf. Es kostet den ein oder anderen von uns schon ein wenig Überwindung, einfach so über den Glasboden zu marschieren, aber es ist auf jeden Fall ein Erlebnis!

Auf dem Rückweg entedecken wir sogar noch mountain goats (Schneeziegen) hoch oben auf einem Berg.

Glacier Skywalk
Glacier Skywalk

Wieder zurück am Icefield Centre, laufen wir hinüber zum Athabasca Gletscher. Früher konnte man sogar ein Stück auf dem Eis laufen, inzwischen wurde das Absperrband aber weiter vor gezogen. Möchte man doch auf dem Gletscher spazieren gehen, muss man eine Tour mit dem Ice Explorer buchen. Diese massigen Busse fahren direkt auf das Eis, wo man für einen kurzen Spaziergang hinaus gelassen wird und seine Wasserflasche mit purem Gletscherwasser füllen kann.

Wir begnügen uns wie gesagt damit, den Gletscher aus einiger Entfernung zu betrachten. Entlang des Weges finden sich hin und wieder Markierungssteine die anzeigen, bis wohin der Gletscher vor wie vielen Jahren noch reichte. Es ist erschreckend wenn man sieht, wie weit er bereits zurückgegangen ist. In den letzten 125 Jahren hat er sich bereits um 1,5 Kilometer zurückgezogen und mehr als die Hälfte seines Volumens verloren.

Athabasca Glacier
Athabasca Glacier

Als wir wieder an unserem Wohnmobil ankommen, ist es bereits später Nachmittag. Wir machen uns wieder auf den Weg, weiter Richtung Norden den Icefields Parkway entlang. Auf der letzten Etappe nach Jasper kommen wir an zwei weiteren Wasserfällen vorbei, die wir natürlich noch besuchen. Die ersten sind die Sunwapta Falls am Sunwapta River, welcher vom Athabasca Gletscher gespeist wird. Sunwapta ist ein Wort aus der Sprache der Stoney First Nations und bedeutet soviel wie "Wilder Fluss".

Sunwapta Falls
Sunwapta Falls

Die Athabasca Falls liegen - richtig geraten - am Athabasca River. Sie sind vor allem für ihre großen Wassermassen bekannt, die sich durch die enge Schlucht zwängen. Auf einem kurzen Trail kann man hinunter in einen Canyon laufen, durch den vor vielen Jahren noch das Wasser floss.

Abendstimmung am Icefields Parkway
Abendstimmung am Icefields Parkway
Athabasca Falls
Athabasca Falls

Nun müssen wir aber wirklich los und uns auf den Weg zu unserem für diese Nacht auserwählten Campingplatz machen. Wir haben uns für den Whistlers Campground in Jasper entschieden. Laut Reiseführer soll er nicht nur richtige Duschen (ja, die Ansprüche werden mit der Zeit immer kleiner) sondern auch über "full hook up" verfügen, d.h. Stellplätze mit Strom- und Wasseranschluss und dumping station (zum Entleeren des Abwassers). Und da der Platz riesig ist, rechnen wir uns gute Chancen aus auch noch einen dieser begehrten Plätze zu ergattern. Wir müssen nicht nur endlich mal wieder unsere Handy- und Kameraakkus aufladen, sondern freuen uns auch schon seit Tagen auf unsere Tiefkühlpizza, die wir in der Mikrowelle (mit Pizzaprogramm!) auftauen wollen.

Voller guter Dinge fahren wir an die Rezeption, die sogar noch besetzt ist - um dann gesagt zu bekommen, dass nur noch "unserviced sites" zu haben sind - also ohne Strom. Die Enttäuschung ist groß, aber was soll man machen? Angeblich haben auch die anderen Campgrounds keine Stellplätze mit Strom mehr frei, also bleiben wir. Und kochen wieder Nudeln. Oder Reis. Genau weiß ich es nicht mehr, aber eins von beiden wird's gewesen sein.

Der Campingplatz ist wirklich riesig. Mit einer Karte in der Hand machen wir uns auf den Weg, um die Duschen zu inspizieren. Und kommen nach einer gefühlten halben Stunde dort an. Natürlich ist es mittlerweile wieder stockdunkel, auch die schwache Taschenlampe hilft nicht wirklich. Der Weg führt durch tiefen Wald und über eine Holzbrücke über einen Bach. Jeden Moment rechnen wir damit, dass ein Bär oder Elch oder Wolf aus dem Dickicht hervor bricht. Wie gut, dass wir das Bärenwarnschild am Anfang des Trails erst am nächsten Morgen im Hellen entdecken ...

So unheimlich es auch ist, so wunderschön und beeindruckend ist hier der Sternenhimmel. Da weit und breit keine hell erleuchteten Städte zu finden sind, sieht man hier eine unglaubliche Anzahl an Sternen. Man schaut nach oben, lässt den Blick nach rechts und links wandern und erwartet, dass irgendwo ein Ende ist ... aber es geht einfach immer weiter. Wahnsinn. Wieder so ein Moment, in dem man sich bewusst wird, wie klein und unbedeutend man doch ist.

Der Jasper National Park wurde 2011 übrigens zum weltweit größten Dark Sky Preserve erklärt. 2013 wurde er dann vom Wood Buffalo National Park (Grenzbereich Alberta, Northwest-Territories) abgelöst. In einem solchen Gebiet lässt sich der Sternenhimmel besonders gut beobachten und es werden Maßnahmen unternommen, damit dies auch so bleibt und die Lichtverschmutzung möglichst gering gehalten wird.

 

Mittwoch, den 21.09.2016

Dieser Tag beginnt für uns mit dem kleinen Örtchen Jasper. Zunächst stocken wir unsere Vorräte in dem kleinen Supermarkt auf, dann besuchen wir das Visitor Centre und bummeln ein wenig durch die Stadt. Dabei kommen wir an einem Laden mit dem Schild "Our Native Land" vorbei - da muss ich natürlich genauer gucken! Wir gehen hinein und ich fühle mich wie im siebten Himmel. Hier gibt es ein riesiges Angebot an Kunsthandwerk der kanadischen Ureinwohner und Inuit, von Mokkassins und Schmuck über Flöten und Bilder bis hin zu Schnitzereien. Und genau hier finde ich auch ein Geburtstagsgeschenk für Heinz: ein gläserner Bierkrug mit einem eingravierten Bär als Totem. Wunderschön, aber auch sehr schwer. Ob ich den wohl heil nach Hause bekomme ..?

Die Zeit vergeht wie im Flug und nachdem wir noch kurz bei der Post vorbei geschaut und Briefmarken gekauft haben, müssen wir auch schon weiter, denn wir haben ja noch einiges vor.

Wir folgen der Maligne Lake Road, einer Stichstraße, die bis zum Maligne Lake führt. Unterwegs legen wir einen Zwischenstop beim Maligne Canyon ein und nutzen die Gelegenheit und das herrliche Wetter für eine Wanderung entlang der Schlucht und dem Fluss, der durch sie hindurch fließt. Hinweisschilder machen unter anderem auf die seltenen "black swifts" (Schwarzsegler) aufmerksam, die in den Felswänden brüten.

Maligne Canyon
Maligne Canyon

Anschließend folgen wir der Straße weiter bis zum Maligne Lake. In diesem berühmten See liegt die bekannte Insel "Spirit Island", deren Foto auf wohl so gut wie jedem Kanada-Kalender zu finden ist. Wir sehen sie leider nicht, da der See sehr lang gezogen ist und wir wohl einen ungünstigen Standort erwischt haben. Wir beschließen noch einen kurzen Trail zu laufen, für mehr reicht leider die Zeit nicht mehr, da es bald schon wieder dunkel wird. Die Wahl fällt auf den Moose Lake Trail - ob der Name hier wohl Programm ist? Kurz zur Erklärung: Die nordamerikansiche Bezeichnung für Elch ist moose und für Hirsch elk. Wir laufen also los und folgen einem ziemlich schlammigen Pfad durch den Wald bis hin zum idylisch gelegenen Moose Lake. Ab und an ruft ein Vogel, ansonsten ist es vollkommen still. Kein Flugzeug, kein Auto, nichts. Herrlich.

Als wir dem Trail weiter folgen und grade wieder in den Wald eintauchen, kommt uns ein Pärchen entgegen und flüstert uns zu: "There are Moose! Just around the corner! One male and one female!" Ok - dort vorne hinter der Biegung sollen tatsächlich zwei Elche sein ...? So wirklich glauben kann ich das nicht und gehe ganz stark davon aus, dass die beiden moose und elk durcheinander gewürfelt haben. Aber man weiß ja nie, vorsichtig schleichen wir weiter. Schauen angestrengt nach links und rechts, können jedoch nichts entdecken. Dann ein Geräusch von rechts - da muss es irgendwo sein, was auch immer es denn nun ist! Aber wir sehen nichts. Wir wollen grade weiter, da schaue ich doch nochmal nach links - und da steht er, der Elch! Keine 10 Meter von uns entfernt! Okay - es heißt ja, Elche seien mindestens genauso gefährlich wie Bären. Vor allem die Bullen, gerade jetzt in der Brunftzeit. Und das hier ist ein Bulle. Und es ist Herbst. Und das da rechts von uns, das ist dann wohl die Elchkuh. Heißt, wir stehen genau dazwischen. Kann die Situation noch ungünstiger sein? Aber alles geht gut. Wir gehen ein Stück weiter, dorthin, wo auch schon ein paar andere Schaulustige warten. Und beobachten, was weiter passiert. Der Elchbulle tritt wirklich aus dem Wald heraus, überquert den Weg, wo wir kurz vorher standen, und läuft hinüber zu seiner Liebsten. Alles halb so wild. Und trotzdem Wahnsinn, diese riesigen Tiere so nah in freier Wildbahn beobachten zu können!

auf der Maligne Lake Road
auf der Maligne Lake Road
der idyllische Moose Lake
der idyllische Moose Lake
Maligne Lake
Maligne Lake

Das war definitiv das Highlight des Tages, denken wir noch, als wir auf der Maligne Lake Road wieder zurück Richtung Jasper fahren. Doch dann entdecken wir vor uns eine Schlange Autos, die am Straßenrand parken. Bevor wir überhaupt genau wissen, warum, halten wir ebenfalls. Denn der Grund für einen solchen "Stau" sind hier in den allermeisten Fällen Tiere. Und kurz darauf sehen wir sie auch schon: Auf einer Wiese am linken Straßenrand grast eine große Gruppe Wapitis! Wir klettern zu den anderen Schaulustigen auf die Böschung hinauf, um besser sehen zu können. Was für ein Anblick! Einige Tiere grasen, andere liegen entspannt im Gras. Und über allem wacht der "Chef", ein mächtiger Hirsch mit stattlichem Geweih, der sorgsam darauf achtet, dass keine seiner Kühe zu nah in Richtung Straße läuft. Falls doch, wird sie sofort zurückgeholt - ich hätte nie gedacht, dass die so schnell rennen können! Immer dann, wenn er eine solche Aktion startet oder angriffslustig mit den Vorderhufen scharrt, laufen wir alle ein paar Meter zurück bzw. die Böschung hinunter, denn so ganz ungefährlich ist auch das hier nicht. Auch Hirsche können zu dieser Zeit sehr aggressiv reagieren und Menschen schwer verletzen.

Trotzdem ist es ein unvergessliches Bild, das sich uns hier einprägt: Diese Tiere so nah zu beobachten, darum herum ein herrliches Farbenspiel aus untergehender Sonne und braun-gelb gefärbtem Herbstlaub ... was für ein krönender Abschluss für diesen Tag!

Aber das soll noch immer nicht alles gewesen sein. Nur ein paar Kilometer weiter der nächste "Stau". Wieder eine Herde Wapitis, diesmal allerdings deutlich weniger. Auch der Herdenchef scheint jünger zu sein und hat alle Hufe voll zu tun, seine Weiber zusammen und von der Straße fern zu halten. Leider wollen sie ihm nicht so ganz gehorchen, vor allem eine Hirschkuh wagt sich hinüber auf die andere Straßenseite. Und los geht eine wilde Verfolgungsjagd hindurch zwischen den parkenden und fahrenden Autos - wie durch ein Wunder geht aber alles gut.

Wapiti
Wapiti

Nach so viel Wildlife kommen wir mal wieder erst spät auf unserem Campingplatz an, diesmal übernachten wir auf dem Robson Meadows Campground. Als wir ankommen ist die Rezeption geschlossen. Wir suchen nach einer self-registration-box, können aber weder diese noch Umschläge oder Zettel zum Ausfüllen entdecken. Also suchen wir uns erstmal einen Platz, vielleicht hat die Rezeption ja morgen früh geöffnet. Oder es kommt ein Ranger vorbei und kassiert die Gebühr.

Leider haben wir bis zu unserer Abfahrt am nächsten Morgen niemanden angetroffen und auch das Häuschen war noch immer fest verschlossen. Wir hatten wirklich ein schlechtes Gewissen als wir dann einfach so fuhren, beruhigten uns aber mit dem Gedanken, dass wir ja durch unser spätes Ankommen, frühes Abfahren und unsere "unserviced site" so gut wie nix in Anspruch genommen haben ...

Donnerstag, den 22.09.2016

Unseren ersten Stop legen wir heute bei den Rearguard Falls ein. An diesen Wasserfällen am beeindruckenden Fraser River lässt sich im Spätsommer ein ganz besonderes Naturschauspiel beobachten, denn genau hier findet nach über 1200 Kilometern die Wanderung der Chinooks ihr Ende. Chinooks, auch Königslachse genannt, sind die größten Lachse des Pazifiks und werden bis zu 1,5 Meter lang. Nachdem sie im Süßwasser der Bachläufe geboren wurden, verbringen sie mehrere Jahre im offenen Pazifik, um schließlich die lange und mühsame Reise zurück durch die Flüsse und zu ihrem Geburtsort anzutreten. Dabei schwimmen sie stromaufwärts und müssen zahlreiche Hindernisse und Wasserfälle überwinden, an denen zusätzliche Gefahren wie hungrige Adler und Bären nur darauf warten, dass sie ihnen ins Maul springen. Diejenigen, die es tatsächlich bis zu ihrem Geburtsort schaffen, legen dort ihre Eier ab - und sterben ... der Kreis schließt sich und beginnt von neuem.

Hier bei den Rearguard Falls sammeln sich wie gesagt die riesigen Chinooks. Nur die kräftigsten schaffen es noch diesen einen Wasserfall hinauf, die meisten sind jedoch nach dieser langen und anstrengenden Reise vollkommen entkräftet.

Leider waren wir bereits zu spät dran und bekamen von diesem Spektakel nichts mehr mit. Aber immerhin konnten wir den Trail zu den Wasserfällen noch laufen - im Nachhinein haben andere erzählt dass er bei ihnen aufgrund von Bärenaktivitäten gesperrt war ...

Rearguard Falls
Rearguard Falls

In unserem "Camping- und Roadbook" stand als heißer Tipp geschrieben, dass wir auf jeden Fall eine "River Safari" machen sollten! Zufällig hatten wir im Visitor Centre in Jasper einen Flyer dazu gefunden und entschlossen uns - trotz des Preises, bei dem wir erstmal schlucken mussten - das Abenteuer zu wagen. Der Veranstalter liegt in Blue River, was sowieso auf unserer Route lag. Also kurz abgebogen, Tickets besorgt und nach einer kurzen Wartezeit geht es auch schon los. In einer kleinen Gruppe fahren wir mit speziellen Jetbooten, die nicht nur schnell sind sondern auch extrem seichte Gewässer befahren können, in das Grizzly Bear Valley. Kurioserweise verirrt sich hierhin aber nur selten ein Grizzly, dafür wimmelt es in den umliegenden Wäldern nur so von Schwarzbären. Und tatsächlich, auch wir sehen welche! Unser Guide stellt den Motor ab und auch wir sind mucksmäuschenstill, während das Boot immer weiter in Richtung Ufer und der Bären dümpelt. Wir erleben hier sogar etwas ganz Besonderes, da wir nicht nur einen, sondern gleich zwei Bären in unmittelbarer Nähe vor uns haben! Unser Guide erklärte uns später, dass eine solche Situation nur sehr selten vorkomme, da sich die Bären normalerweise aus dem Weg gingen.

Wirklich ein tolles Erlebnis!

Nachtrag aus 2019:

Inzwischen wurde bekannt, dass Blue River Safari die Bären mit Erdnussbutter und Fleischbällchen an den Stränden angefüttert hat. Das Unternehmen muss 35.000 Dollar Strafe zahlen - die höchste Geldstrafe, die in British Columbia je für das Anfüttern wilder Tiere verhängt wurde.

River Safari
River Safari
ein Schwarzbär!
ein Schwarzbär!

Schließlich erreichen wir Clearwater, einen Ort direkt am Eingang des Wells Gray Provincial Park. Wir besuchen zunächst das Visitor Centre, um uns nach geeigneten Campingplätzen zu erkundigen. Wir brauchen langsam wirklich einmal Strom ... Nach einem kurzen Einkauf dann die Sensation: Ein DQ (Dairy Queen)!! OMG, da müssen wir halten. Nach ganzen 8 Jahren das erste Mal wieder einen Blizzard ... Zur Erklärung: Im Jahr 2008, als wir mit Dirk Rohrbach in Süd Dakota unterwegs waren, hatte er uns in die Geheimnisse dieser ganz besonderen Eisspezialität eingeweiht. Eigentlich ist es einfach nur Softeis - das dann aber mit so herrlichen Sachen wie rohem Plätzchenteig oder Peanutbutter Cups verfeinert wird. Zum Schluss muss die Kassiererin das Ganze einmal verkehrt herum hochhalten - bleibt alles drin, hat sie alles richtig gemacht und das Eis die richtige Konsistenz. Hält es nicht, muss sie putzen und das ganze nochmal machen ... Unseres hat gehalten und kurz darauf löffeln Annika und ich unseren Blizzard mit "chocolate chip cookie dough". Christoph wollte keinen - da ahnte er wohl noch nicht, was ihm da entging ...

Blizzard - Chocolate Chip Cookie Dough
Blizzard - Chocolate Chip Cookie Dough

Weiter geht die Fahrt die Clearwater Valley Road entlang und mitten hinein in den Wells Gray Provincial Park. Die Landschaft ist herrlich, viele bunt gefärbte Laubbäume, zwischendurch immer wieder kleine oder größere Farmen und Weideland, viele auch mit Schildern an der Straße mit der Aufschrift "for sale". Ach ja, das wäre was ... Dann plötzlich wieder mehrere Autos am Straßenrand. Wir halten ebenfalls an, steigen aus und sehen nach, was los ist - da: Ein Schwarzbär oben am Hang! Obwohl wir ja heute schon ein paar gesehen haben, ist es doch etwas anderes, sie so wirklich frei und wild zu erleben. Natürlich waren die Bären auf der River Safari auch frei und wild, aber es war eben eine organisierte Beobachtungstour wo damit gerechnet werden konnte, Bären zu sehen. Das hier ist nochmal eine Ecke spannender.

Bald darauf erreichen wir unseren auserwählten Campground für diese Nacht: den Wells Gray Golf and RV Park. Erst sind wir ja ein wenig skeptisch, als wir so an dem großen Golfplatz entlang zur Rezeption fahren. Ob das hier so ein Nobel-Ding ist ...? Okay, es wird der teuerste Platz auf dieser Tour, aber hey - dafür standen wir die letzte Nacht ja umsonst ... und auch sonst hat sich dieser Platz definitiv gelohnt! Die Besitzer super nett, tolle Duschen mit riesig viel Platz, Gardinen an den Fenstern und Heizung (!) und Wasser- und Stromanschluss! Sofort bricht bei uns Hochstimmung aus: endlich können wir unsere Akkus aufladen - und die Pizza in die Mikrowelle schieben! Okay, das ist ein etwas abenteuerliches Unterfangen. Da wir ja alle gleichzeitig essen wollen, stapeln wir die drei Pizzen aufeinander und schieben sie so in die Mikrowelle. Am Ende ist die oberste durch und die untere noch gefroren und ich hab von zwei Seiten Käse, Annika dafür fast keinen mehr ... aber egal, schmecken tut's trotzdem ;-)

An diesem Abend unternehmen wir nur noch einen kurzen Spaziergang über den Platz. Vorher schließen wir noch Bekanntschaft mit unseren Stellplatznachbarn, ebenfalls Deutsche mit einem Wohnmobil von Fraserway. Sie waren von Alaska nach Vancouver gefahren und nun nach Calgary unterwegs. Auch in Neuseeland waren sie schon gewesen (aber natürlich nicht mit diesem Wohnmobil ;-))!

 

unser Campground im Wells Gray Provincial Park
unser Campground im Wells Gray Provincial Park

Freitag, den 23.09.2016

Dieser Vormittag steht wieder ganz im Zeichen der Wasserfälle. Wir folgen der Clearwater Valley Road noch ein kleines Stück weiter und halten dann auf einem Parkplatz, von wo aus ein kurzer Trail zu den Dawson Falls am Murtle River führt.

Dawson Falls
Dawson Falls

Nur ein paar hundert Meter weiter beginnt ein etwas längerer Trail, der zunächst durch dichten Wald und entlang des Murtle River bis zu den spektakulären Helmcken Falls führt. Die Frau hinter dem Schalter im Visitor Centre hatte uns gewarnt, wir sollten bloß aufpassen. Denn am Ende des Trails würde man einfach direkt an der Kante des Wasserfalls stehen, wo sich dieser 141 Meter in die Tiefe stürzt. Dort gebe es kein Geländer oder Ähnliches. Und so war es tatsächlich: Grade noch durch den Wald gewandert, stehen wir auf einmal direkt am Abgrund. Von hier aus sieht man den Wasserfall sozusagen von oben, wie er sich hinab in die Tiefe stürzt. Wobei, eigentlich sehen wir erstmal gar nichts, da uns dichter Nebel von der Gischt die Sicht versperrt. Aber dann kommt die Sonne heraus - was für ein Anblick! Augenblicklich lichten sich die Schleier und geben nicht nur den Blick auf den Wasserfall frei, sondern auch auf das Tal darunter ... Wieder einer dieser Momente, die man live erleben muss, da kein Bild oder Text diese Stimmung wirklich wiedergeben kann.

Trotzdem bemühen wir uns, den vierthöchsten Wasserfall auf ein Foto zu bekommen, was aufgrund seiner Größe kaum möglich ist. Außerdem müssen wir höllisch aufpassen, da es hier, wie gesagt, kein Geländer gibt und der Boden durch die Nähe des Wasserfalls sehr glitschig ist.

Helmcken Falls
Helmcken Falls

Auf dem Rückweg kommt uns noch ein Ehepaar entgegen, ausgerüstet mit den vor allem bei Touristen so beliebten Bärenglocken. Diese werden zum Beispiel am Rucksack befestigt und sollen durch ihr Geklingel Bären warnen und verscheuchen. Der Grundgedanke dabei ist kein schlechter. Es wird immer dazu geraten, sich auf Wanderungen laut zu unterhalten oder gar zu singen, um Wildtiere rechtzeitig auf sich aufmerksam zu machen, sodass man sie nicht plötzlich überrascht. Denn genau aufgrund solch plötzlicher Begegnungen kommt es zu gefährlichen Situationen. Allerdings sind diese Glöckchen viel zu leise, als dass sie einen Bären wirklich frühzeitig warnen oder gar verscheuchen würden. Wenn man nicht die ganze Zeit quatschen oder singen will - was ja durchaus verständlich ist - kann man besser eine leere Plastikflasche mit Steinen füllen und hin und wieder schütteln. Macht sicher mehr Krach. Eine Rangerin erzählte sogar mal, dass die Bären durch diese Glocken mittlerweile sogar angelockt werden - so nach dem Motto: Oh , da sind Menschen, da gibt's was zu futtern! Tja, so viel zum Bärenschreck ...

Wir haben auch (fast) immer Bärenspray dabei, wobei auch das eigentlich eher einen psychologischen Effekt hat und unserer Beruhigung dient. Denn damit dieses Spray - übrigens ein extrem starkes Pfefferspray - wirkt, muss der Bär auf wenige Meter an dich herankommen. Und ich bezweifle, dass man dann noch in der Lage ist ruhig stehen zu bleiben, das Spray zu zücken und zu zielen ... zumal dann auch noch die Windrichtung beachtet werden muss, damit man sich nicht selber einsprüht. Generell wird bei einer Bärenbegegnung dazu geraten, mit ruhiger Stimme auf den Bären einzureden und langsam den Rückzug anzutreten. Wenn das nichts hilft, hängt das weitere Vorgehen davon ab, mit welcher Art von Bär man es zu tun hat: Mit einem Grizzly oder Schwarzbär? Nur woran erkennt man den Unterschied? Hier heißt es oft: Kletter auf einen Baum - der Schwarzbär klettert dir nach, der Grizzly schüttelt dich runter ... Nun ja, darauf würde ich es nicht ankommen lassen. Am einfachsten lassen sich die beiden an dem Nackenbuckel unterscheiden, den die Grizzlies aufweisen, die Schwarzbären jedoch nicht. Denn nur nach der Farbe zu gehen, wäre zu einfach: Denn natürlich gibt es nicht nur schwarze Schwarzbären, sondern auch braune ...

Ein Begriff aus der Sprache der First Nations für "Bär" ist Spahats, was uns in einem eleganten Bogen wieder zurück zu unseren Wasserfällen bringt. Denn auch den Spahats Falls am Spahats Creek wollen wir noch einen kurzen Besuch abstatten. "Kurz" ist dann hier wirklich Programm, denn mit uns sind einige Busladungen Touristen anwesend, wodurch sich das Panorama nicht so wirklich genießen lässt. Außerdem ist es auf einmal ziemlich kalt und es fängt an zu regnen, weshalb es uns schnell wieder zurück ins warme und trockene Wohnmobil zieht.

Spahats Falls
Spahats Falls

Der Regen ist jedoch nur von kurzer Dauer. Zurück in Clearwater legen wir noch einen kurzen Stop beim Visitor Centre ein, um das W-Lan zu nutzen - und gönnen uns einen weiteren Blizzard bei DQ :-) Diesmal ist auch Christoph mit dabei - wahrscheinlich haben wir ihm gestern mit unserer Schwärmerei doch ein wenig die Nase lang gemacht. Anstatt einfach wieder den sowieso besten Blizzard mit chocolate chip cookie dough zu bestellen, studiere ich vorher kurz die Karte - und siehe da, hier gibt es sogar peanutbutter cups! Also bestelle ich einen mit einem Mix aus beidem, also genau die Sorte, auf die Dirk so schwört - und ich muss sagen, ich weiß jetzt auch warum! Warum nur gibt es diese mit Erdnussbutter gefüllten Schoko-Cups nicht auch bei uns ...? Wobei, ist wohl besser so ...

Von Clearwater aus soll es für uns nun wieder nach Süden und langsam in Richtung Vancouver gehen. Wir müssen uns entscheiden, ob wir durchs Okanagan Valley und über Kelowna, oder eher die Route weiter westlich über Whistler nehmen. Da wir die Zeit ein wenig im Auge behalten müssen und ja auch noch rüber nach Vancouver Island wollen, entscheiden wir uns für letztere. Für den Rest des Tages heißt es also mehr oder weniger Strecke machen. Wir kommen in Kamloops vorbei, kurven ein wenig durch die Straßen und kommen schnell zu dem Schluss, dass es sich nicht wirklich zu lohnen scheint, hier anzuhalten. Also weiter durch das trockene und im Sommer heiße Tal des Fraser River bis nach Lillooet. Hier wollen wir die Nacht verbringen und machen uns auf die Suche nach einem Campingplatz. Nach einigem hin und her, weil uns bei einem die Stellplätze nicht gefallen (wohl eher nur für Zelte gedacht?) und wir den anderen plötzlich nicht mehr wieder finden, landen wir auf dem Cayoosh Creek Campground. Natürlich ist es mal wieder dunkel als wir ankommen - und irgendwie ziemlich unheimlich. Warum genau, kann ich gar nicht sagen, aber irgendwie wirkt die Landschaft hier so ganz anders, kärger. An diesem Abend entsteht dann auch beim Durchblättern einer Broschüre über Lillooet die Legende vom kanadischen Krokodil, die uns für den Rest der Reise und sogar noch bis nach Hause begleiten wird ... ;-)

 

unterwegs nach Lillooet
unterwegs nach Lillooet

Samstag, den 24.09.2016

Von Lillooet aus geht es für uns heute zunächst nach Whistler. Auf dem Weg dorthin bereits ein weiteres Highlight: ein Wolf! Mitten auf dem Highway! Er springt einfach von rechts aus der Böschung auf die Straße und läuft vor uns her. Wir fahren sofort langsamer, aber er rennt einfach weiter die Straße entlang. Diese ist sehr kurvig und ich hoffe inständig, dass er schnell wieder im Wald verschwindet, bevor noch Autos aus der Gegenrichtung kommen. Kurz darauf springt der Wolf tatsächlich wieder nach rechts hinter die Leitplanke, aber nur um weiter parallel zur Straße mitzulaufen und schließlich wieder zurück auf die Straße zu springen ... Er läuft und läuft, was für eine Ausdauer! Plötzlich wechselt er auf die Gegenfahrbahn ... ich kann kaum noch hinschauen ... Sekundenbruchteile bevor dann tatsächlich ein Motorradfahrer um die Kurve kommt, verschwindet der Wolf endlich mit einem Satz nach links zwischen den Bäumen! Puh, das war wirklich knapp. Wir atmen alle erleichtert auf. Als Randbemerkung: Das Motorrad war eine KTM ...

Bald darauf erreichen wir Whistler. Die Kleinstadt inmitten der Coast Mountains ist vor allem für Ihre hervorragenden Skigebiete bekannt, in denen man bis in die Sommermonate hinein Skifahren kann. Als 2010 die Olympischen Winterspiele in Vancouver stattfanden, wurden einige Disziplinen hier in Whistler ausgetragen. Der hübsch zurecht gemachte Ort lebt vor allem von den Touristen und scheint nur aus Restaurants, Geschäften und Hotels zu bestehen.

Wir beginnen mal wieder beim Visitor Centre und laufen dann durch die Fußgängerzone, vorbei am Olympic Plaza und hin zu der Seilbahnstation. Auch außerhalb der Skisaison kann man mit den Gondeln auf die umliegenden Berge hinauf fahren und dort kleinere oder größere Wanderungen unternehmen.

Whistler
Whistler

Wir fahren zunächst hinauf auf den Whistler Mountain. Es geht ganz schön hoch hinauf. Während das Wetter unten im Tal noch sehr angenehm war, ist es hier oben ziemlich kalt. Aber wunderschön! Doch zunächst wollen wir noch weiter, und zwar mit der Peak-to-Peak Gondola hinüber auf den Blackcomb Mountain. Diese Gondel ist die höchste (436 Meter) und längste dieser Art weltweit und befördert uns in 11 Minuten die 4,4 Kilometer hinüber auf den anderen Berg. Dabei überquert sie das Tal des Fitzsimmons Creek. Tief unter uns liegt tiefer Wald, ein Fluss schlängelt sich hindurch. Wir halten nach Bären Ausschau, können aber keine entdecken. Doch dann: ein großer brauner Greifvogel - vielleicht ein Adler? - gleitet - nein, nicht über sondern unter uns hinweg! Das ist mal eine ganz besondere Perspektive und verdeutlicht uns einmal mehr, in welcher Höhe wir uns grade befinden.

Auf dem Blackcomb Mountain angekommen - ja, auch hier drüben ist es ziemlich frisch - machen wir uns auf zu einer kleinen Wanderung durch alpine Gebirgslandschaft. Der Trail ist sehr gepflegt und sieht recht neu angelegt aus; was für eine Arbeit, nur damit die Touris hier komfortabel lang spazieren können! Wir sind noch nicht weit gekommen, da entdecken wir gut getarnt zwischen den Felsen ein plüschiges Tier. Noch sind wir uns nicht ganz schlüssig, um was es sich dabei handelt, tippen aber auf ein Murmeltier. Bald darauf die nächste Überraschung: Vögel! Und zwar ziemlich zutrauliche! Sie sind gar nicht mal so klein, etwas größer als Amseln vielleicht, und weiß-grau-schwarz gefärbt. Später finden wir heraus, dass es sich dabei um den "Whiskey Jack" handelt, auch als Gray Jay bekannt und bei uns unter dem harmlosen Namen Meisenhäher beschrieben. Die Tiere zählen zu den Rabenvögeln und gelten als sehr intelligent. Sie sind recht zutraulich und haben schnell die Vorzüge der Menschen als potenzielle Futterspender erkannt, was wir nun auch hier erleben. Furchtlos landen die hübschen Vögel auf Händen, Schultern und Köpfen, immer auf der Suche nach etwas Essbaren. Was allerdings nicht unbedingt von Vorteil für sie ist. Anstatt sich von Insekten und Beeren zu ernähren, stehen sie auf "Junk Food".

Der Name "Whiskey Jack" hat übrigens nicht wirklich was mit Whiskey zu tun, sondern ist eine Ableitung von einem Wort aus der Algonkin-Sprachfamilie, mit dem ein schelmischer, wandelbarer Geist bezeichnet wird, der den Menschen Streiche spielt.

Irgendwie erinnern mich diese Vögel an die Fantails aus Neuseeland, aber das ist eine andere Geschichte ...

Whiskey Jack
Whiskey Jack
auf dem Blackcomb Mountain
auf dem Blackcomb Mountain

Nach diesem kurzen, aber sehr schönen Trail geht es mit der Gondel wieder zurück auf den Whistler Mountain. Diesmal reihen wir uns in eine separate Warteschlange ein, um eine der wenigen Gondeln mit Glasboden zu erwischen. Als wir dann endlich an der Reihe sind und einsteigen dürfen, sind wir etwas enttäuscht: Wir hatten eigentlich erwartet, dass der ganze Boden der Gondel aus Glas sein würde. Dabei ist es lediglich ein Stück in der Mitte, das auch noch mit einem Geländer eingezäunt ist ...

Auf dem Whistler Mountain angekommen, laufen wir noch einen Trail zum Harmony Lake. Dieser kleine See hat den Namen wirklich mehr als verdient! Versteckt liegt er in einem kleinen Talkessel, ein Holzsteg führt um ihn herum. Wie schade, dass wir mal wieder spät dran sind und uns beeilen müssen, um die letzte Gondel hinunter ins Tal noch zu erwischen. Für mich ist dies einer dieser ganz besonderen Orte, an denen ich gern mehr Zeit verbracht hätte.

Peak to Peak Gondola
Peak to Peak Gondola
Harmony Lake
Harmony Lake

Als wir mit der Gondel wieder hinunter fahren, teilen wir uns diese mit einem älteren Ehepaar und deren Enkeltochter. Ich bekomme mit, wie sich über einen Bären unterhalten, den sie auf dem Hinweg aus der Gondel beobachtet haben. Ich frage nach und erfahre, dass er sich hier wohl öfter rumtreibt. Grade bedauern wir, dass wir wohl heute Pech haben und ihn nicht mehr sehen, als Annika ruft: "Da! Ein Bär!" Und tatsächlich: Ein gar nicht mal so kleiner Schwarzbär und zwar nicht irgendwo tief versteckt im Wald, nein - mitten auf der Mountainbike Strecke! Und von oben kommt doch tatsächlich nichts ahnend ein Mountainbiker angedüst ...! Okay, ich muss zugeben, von hier oben hat die ganze Situation schon was Komisches, denn wir können sowohl den Bär als auch den Radfahrer beobachten. Da dieser sich aber hinter einer Kurve mit Bäumen befindet, ahnt dieser von dem, was da gleich vor ihm stehen wird, noch nix und radelt munter weiter ... bis er dann um die Ecke biegt und den Bär nur noch wenige Meter vor sich hat! Vollbremsung und dann - tja, tut mir leid, den Rest dürft ihr euch ausmalen. Unsere Gondel ist inzwischen weiter gefahren, sodass wir leider nicht mehr mitverfolgen konnten, wie die Geschichte zu Ende ging ...

Schwarzbär auf Mountainbike-Strecke
Schwarzbär auf Mountainbike-Strecke

Inzwischen ist es schon wieder Abend geworden. Wir folgen weiter dem Highway 99, tanken in Squamish noch einmal auf und machen uns dann auf die Suche nach einem Campingplatz. Zunächst probieren wir es mit dem Klahanie Campground. Natürlich ist es wieder mal dunkel als wir ankommen, was die Platzauswahl und das Parken nicht grade erleichtert. Schließlich ist es geschafft. Als wir uns daran machen das self-registration Formular auszufüllen, müssen wir kräftig schlucken. 42$ nur für den Stellplatz, ohne Strom und Wasser. Full Hook up wäre über 50$. Plus 10,50$ für die dritte Person. Hier ist sogar der Stellplatz für ein einfaches Zelt fast doppelt to teuer wie der für ein RV (Wohnmobil) auf anderen Campgrounds! Sogar für das Buchen per Telefon muss man bezahlen und für's Dumpen natürlich auch. Als Annika und ich uns dann auf den Weg zu den Duschen machen und feststellen, dass auch diese nur mit reichlich Kleingeld funktionieren, drehen wir entnervt um. Das ist uns allen dann doch etwas zu happig und mit der festen Überzeugung oder eher Hoffnung im Hinterkopf, dass sich da doch noch was anderes finden muss, rollen wir wieder vom Platz. Wir wollen es bei dem in zahlreichen Reiseführern hochgelobten Porteau Cove Campground versuchen. Aufgrund seiner traumhaften Lage direkt am Howe Sound, soll dieser stets rappelvoll sein, Reservierungen werden auch in der Nebensaison dringend empfohlen. Immerhin, als wir ankommen ist die Rezeption noch besetzt. Leider ist kein Stellplatz mehr frei, aber wir dürfen auf dem Parkplatz vor der Schranke parken und die Duschen mitbenutzen. Auch hier stehen wir direkt am Meer - ob nun vor oder hinter der Schranke ist doch egal!

 

Sonntag, den 25.09.2016

Heute morgen hält es mich nicht lange im Bett. Der Gedanke, endlich am Meer zu sein - wenn auch noch nicht am offenen Ozean - treibt mich schon früh hinaus. Direkt hinter unserem Stellplatz liegt der Strand, ich muss allerdings erstmal über die rieseigen, angeschwemmten Baumstämme klettern, um zum Wasser zu gelangen. So früh ist noch niemand unterwegs. Es dämmert grade und die Bucht mit den umliegenden, bewaldeten Bergen und Inseln ist in mystisches, blau-graues Licht getaucht.

Rechts von mir liegt ein Bootssteg mit mehreren erhöhten Aussichtspunkten. Natürlich klettere ich auch dort hinauf und genieße den Ausblick. Fehlt nur noch ein Wal, denke ich, aber den entdecke ich heute leider nicht.

Morgen am Porteau Cove Campground
Morgen am Porteau Cove Campground

Nach dem Frühstück ziehen wir noch einmal zusammen los, zunächst über den Campground und zu einem kleinen Lookout, danach noch einmal zum Steg. Es hat sich gelohnt, hier zu übernachten, auch wenn es nur der Parkplatz war!

Weiter geht es dann den Rest des Sea to Sky Highways hinunter, dem wir von Whistler aus gefolgt sind. Es wird spannend, denn heute wollen wir die Sunschine Coast hinauf und anschließend hinüber nach Vancouver Island. Dazu müssen wir mehrmals mit den Fähren übersetzen. Wir haben nichts vorreserviert da uns gesagt wurde, zu dieser Zeit bekäme man auch so noch gut einen Platz. Also dann.

Zunächst setzen wir mit BC Ferries von der Horseshoe Bay nach Langdale über, die Fahrt dauert etwa 40 Minuten. Alles klappt problemlos. Während die Autos unter Deck geparkt werden, können wir uns oben die Beine vertreten. Ich stehe die ganze Fahrt über ganz vorne, lasse die Landschaft an mir vorüberziehen und hoffe natürlich wieder, vielleicht einen Wal zu sichten ... leider auch diesmal ohne Erfolg. Es ist ziemlich stürmisch, aber zu schön um die Überfahrt drinnen zu verbringen.

mit der Fähre nach Langdale
mit der Fähre nach Langdale

In Langdale angekommen, geht es weiter nach Gibsons. In dem hübschen Fischerdorf halten wir kurz an und besuchen zunächst das Visitor Centre. Auch hier erfahren wir wieder ein Beispiel der für uns so ungewohnten kanadischen Gastfreundschaft. Nicht nur die Mitarbeiterin ist "always happy to help", beantwortet ausführlich all unsere Fragen und versorgt uns mit soviel Prospekten dass ich schon Angst kriege, wie wir da noch durchblicken und vor allem wie wir das alles transportieren sollen - auch die anderen Reisenden, die sich hier eigentlich informieren wollen, geben uns Tipps für unsere Route.

Gibsons
Gibsons

Wir schlendern noch kurz hinunter zum Hafen und den hölzernen Steg entlang, dann geht die Fahrt weiter zu den Skookumchuck Narrows, wo uns ein ganz besonderes Naturschauspiel erwarten soll. Der Name Skookumchuck stammt aus der Sprache der Chinook Wawa und bedeutet übersetzt so viel wie "Wildes Wasser". Es handelt sich dabei um Gezeitenstromschnellen am Sechelt Inlet. Über einen 4 Kilometer langen Trail durch dichten Wald und vorbei am Brown Lake gelangt man bis an den Fjord. Dort teilt sich der Weg hin zu den beiden Aussichtspunkten Roland Point und North Point. Vom Roland Point aus lassen sich während der Flut richtig hohe Wellen beobachten, die sogar Kanuten aus aller Welt hierher locken.

Am North Point entstehen bei Ebbe, wenn sich das Wasser wieder zurück zieht, beeindruckende Whirlpools.

Es gibt eine Broschüre mit einem Gezeitenkalender und Angaben für jeden Tag, wann die Stromschnellen am besten zu sehen sind. Leider sind wir etwas zu spät dran und die Wellen bzw. Whirlpools sind nicht mehr ganz so spektakulär. Dafür haben wir den Trail und die Viewpoints ganz für uns alleine. Und erleben ein anderes Highlight: Wir stehen grade an einem der Aussichtspunkte, drehen uns um und wollen uns auf den Rückweg machen, als uns ein seltsames Schnaufen und Prusten innehalten lässt. Zunächst denken wir, dass es drüben vom anderen Ufer kommt wo ein paar Häuser und Boote zu sehen sind. Aber irgendwie hört es sich komisch an. Und näher. Da - schon wieder! Wir drehen uns um und laufen nochmal zum Ufer zurück. Vielleicht der Blas eines Wals ...? Nichts zu sehen. Ich krame mein Fernglas aus dem Rucksack und suche die Wasseroberfläche ab. Nichts - doch da! Da schwimmt was! Aber was?? Ein Otter? Oder Seehund? Oder Seelöwe? Es taucht unter und von Zeit zu Zeit wieder auf um Luft zu holen. Dabei macht es dieses prustende Geräusch. Und es scheinen mehrere Tiere da zu sein, mindestens zwei. Wir stehen eine gefühlte Ewigkeit dort und halten immer wieder Ausschau, wo sie wohl gleich auftauchen mögen. Dann sind sie eine zeitlang ganz verschwunden und wir wollen uns auf den Rückweg machen, als eines der Tiere direkt am Ufer vor uns vorbeischwimmt. Nun sind wir uns recht sicher, dass es sich um Seehunde handelt.

Das war schon ein besonderes Erlebnis. Manche mögen vielleicht denken, wir haben ja "nur" Seehunde gesehen. Und das auch noch nicht mal richtig, weil sie recht weit weg und oft auch gar nicht zu sehen waren. Aber es ist einfach etwas ganz anderes, wenn man solche Tiere wirklich "wild" in der freien Natur zu sehen bekommt. Wir haben ja auch eine Bären-Tour gemacht und werden in den nächsten Tagen noch eine Wal-Tour unternehmen. Klar mögen diese Tiere für viele spektakulärer sein. Doch obwohl es sich dabei natürlich auch um Wildtiere handelt und wir auch diese in der freien Natur beobachtet haben, war es doch in gewisser Weise ein organisiertes Erlebnis. Wir waren mit Guides unterwegs die die Aufenthaltsplätze der Bären oder auch Wale ziemlich genau kennen und es war damit zu rechnen, dass wir auch welche sehen. Hier aber war die Begegnung nicht geplant. Und genau das macht sie zu so etwas Besonderem.

Trail zu den Skookumchuck Narrows
Trail zu den Skookumchuck Narrows
Skookumchuck Narrows
Skookumchuck Narrows

Nun müssen wir aber wirklich weiter. Wir wollen heute noch eine weitere Fähre erwischen, die uns von Earls Cove hinüber zur Saltery Bay bringen soll. Glücklicherweise bekommen wir noch die um 19 Uhr, sodass wir heute Abend noch ein Stück weiter kommen. Die Überfahrt dauert 50 Minuten. Es dämmert bereits, als wir ablegen. Die ersten paar Minuten verbringe ich noch oben an Deck, als es dann schließlich dunkel wird und man nichts mehr sieht, setze ich mich zu den anderen nach drinnen.

Für uns geht es heute noch ein Stück weiter die Küste entlang bis nach Powell River, wo wir die Nacht auf dem Willingdon Beach Campsite verbringen. Für sehr viel Heiterkeit sorgen die am Waschhaus angebrachten Hinweisschilder, dass man doch bitte weder seine Kinder noch seine Haustiere in den Spülbecken waschen soll ...

Abendstimmung auf der Fähre, unterwegs nach Saltery Bay
Abendstimmung auf der Fähre, unterwegs nach Saltery Bay

Montag, den 26.09.2016

Heute Morgen heißt es früh aufstehen, denn wir wollen bereits um 8 Uhr die Fähre hinüber nach Vancouver Island nehmen. Eigentlich soll der Fähranleger in unmittelbarer Nähe zu unserem Campingplatz liegen und gestern waren wir auch bereits daran vorbei gefahren. Aber im Hellen sieht ja alles wieder ganz anders aus und so kommt es, dass wir erstmal ein paar Mal die Küstenstraße rauf und runter und am Terminal vorbei fahren. Es wird immer später, viertel vor, zehn vor ... Es wird knapp, aber wie so oft auf dieser Reise haben wir einfach wieder einmal Glück und erwischen grade noch rechtzeitig die richtige Abzweigung und das Schiff.

Trotz des eiskalten Windes verbringen wir die Überfahrt draußen an Deck, lassen die beeindruckende Landschaft und die Inseln an uns vorbeiziehen und machen Fotos und Fotos und Fotos. Das Licht ist so früh am Morgen aber auch einfach besonders schön ...

Überfahrt nach Vancouver Island
Überfahrt nach Vancouver Island

Nach 1,5 Stunden legen wir in Comox an - und befinden uns damit auf Vancouver Island, der größten Insel der amerikanischen Westküste. Sie ist rund 450 Kilometer lang und 100 Kilometer breit und besitzt 765.415 Einwohner (Stand 2011).

Die Insel ist so schön und vielseitig dass es sich lohnen würde, allein hier einen kompletten Urlaub zu verbringen. Da wir nur ein paar Tage Zeit haben, beschränken wir uns diesmal auf die untere Hälfte.

Zunächst fahren wir aber über Courtenay zum Strathcona Provincial Park. Dieser liegt so ziemlich in der Inselmitte und ist noch sehr unerschlossen und schwer zugänglich, für Wanderer und Kanuten, die sich in der Wildnis zu Hause fühlen, jedoch ein Paradies. Man kann von einem See zum anderen paddeln und auch die 440 Meter hohen Della Falls, die zu den höchsten Wasserfällen in ganz Kanada zählen, lassen sich nur mit dem Kanu erreichen.

Zwei Gebiete sind zumindest ein klein wenig erschlossen, eines davon ist die Gegend um das Forbidden Plateau. Genau dahin wollen wir. Vom Parkplatz am Mount Washington starten mehrere Trails, unter anderem auch der zu den Paradise Meadows.

Zunächst geht es über eine Ebene mit herbstlich verfärbten Wiesen, Teichen und einzelnen Nadelbäumen. Immer wieder überqueren wir über schmale Holzbrücken Bachläufe, dann geht es hinauf und hinein in den Wald. Unterwegs kommen wir an mehreren, wunderschönen Seen vorbei. Wir bleiben ein paar Minuten (ja ich weiß, es waren lange Minuten ;-)) am Ufer stehen, genießen den Anblick und die absolute Stille. Und irgendwie habe ich genau hier das Gefühl: Das ist Kanada. Und genau hier würde ich mir eine Blockhüte ans Ufer stellen und am liebsten für immer bleiben. Oder zumindest nochmal wiederkommen. Irgendwann. Mit Kanu und Zelt ...

Die Landschaft ist unglaublich schön und auch wenn es sich der Beschreibung nach doch ziemlich ähnlich anhört, so ganz anders als in den Rocky Mountains.

Strathcona Provincial Park
Strathcona Provincial Park
Strathcona Provincial Park
Strathcona Provincial Park

Unterwegs treffen wir auf ein paar spezielle Vögel - und damit meine ich jetzt wirklich die Tiere; an die paar Wanderer, die uns begegnet sind, kann ich mich nicht mehr erinnern.

Gleich zu Beginn läuft uns ein seltsames Hühnchen über den Weg. Keine Ahnung was das ist, es ist grau und unterhält sich mit seltsamen Pieplauten mit seinem Partner, der gut versteckt im Busch hockt und sich nicht raus traut.

ein Unbekannter
ein Unbekannter

Später dann treffen wir auf alte Bekannte: Whiskey Jacks! Ihr erinnert euch? Diese vorwitzigen Vögel, die sich furchtlos auf Kopf, Schultern und Armen potenzieller Futterspender niederlassen. Diesmal pendeln sie zwischen den Pseudo-Körnern in Christophs Hand und zwei anderen Wanderern, die ein Stück weiter beim Picknick sitzen und verlockend mit ihren Tüten rascheln. Kurz darauf gesellt sich noch ein weiterer Gast hinzu: Er ist noch ein kleines Stück größer und schwarz, nur der hintere Teil mit den Schwanzfedern schimmert blau. Was das wohl für einer ist? Wir haben keine Ahnung. Er ist nicht ganz so zutraulich wie seine grauen Kollegen, bleibt erstmal auf seinem Ast sitzen und kommt erst runter, als Christoph ihm die "Körner" auf den Boden wirft. Später dann zurück am Parkplatz, gehe ich in die kleine Info-Hütte und frage den älteren Herrn hinterm Schreibtisch nach dem Vogel. Es handelt sich um den sogenannten "Steller's Jay", auf Deutsch Diademhäher. Er gehört zu den Rabenvögeln und ist der Wappenvogel von British Columbia.

Steller's Jay
Steller's Jay

Der Abstecher hier in den Park und diese Wanderung haben sich auf jeden Fall gelohnt. Das Besondere hieran war auch, dass der Weg zu einem Großteil aus Holzstegen bestand. Darauf waren sogar extra Mini-Rampen angebracht, sodass dieser Weg auch von Rollstuhlfahrern in einem speziellen Outdoor-Rollstuhl bewältigt werden kann.

Trail im Strathcona Provincial Park
Trail im Strathcona Provincial Park

Wir machen uns wieder auf den Rückweg nach Courtenay, fahren an der Küste hinunter und biegen bei Parksville auf den Highway 4 ab. Dieser verläuft quer über die Insel bis an die Westküste, nach Ucluelet und Tofino. Die Strecke ist wunderschön, zumindest wenn man als Beifahrer einfach nur dasitzen und die Landschaft genießen kann. Als Fahrer ist es da schon ein wenig anstrengender, da die Straße sehr kurvig, eng und teilweise auch ziemlich steil ist.

Nur wenige Kilometer vor der Küste teilt sich der Highway. Links geht es nach Ucluelet, rechts nach Tofino. Beides sind eigentlich kleine, beschauliche Fischerdörfer, wobei Ucluelet noch ein klein wenig kleiner und beschaulicher ist, da weniger von Touristen überrannt. Tofino ist vor allem für seine Walbeobachtungstouren bekannt, weshalb die meisten bei der Straßengabelung rechts abbiegen und Ucluelet im wahrsten Sinne des Wortes links liegen lassen. Wir wollen beides sehen und entschließen uns, in Ucluelet anzufangen. Auch weil wir darauf hoffen, dass wir hier leichter einen freien und bezahlbaren Campingplatz finden. Denn inzwischen ist es schon wieder Abend und fast dunkel. Wir biegen auf die Zufahrtsstraße nach Ucluelet ab und wollen es zunächst beim Surf Junction Campground probieren, der direkt auf dem Weg liegt und laut Reiseführer sehr gute Bewertungen hat. Pech nur, dass er ausgerechnet heute aufgrund einer privaten Veranstaltung geschlossen hat ...

Aber macht nix, direkt daneben liegt ja noch ein anderer Campground mit dem vielversprechenden Namen "Lost Shoe". Wir biegen in die Einfahrt ein und halten an, Christoph will zunächst zu Fuß zur Rezeption und sich erkundigen, da die Zufahrtsstraße ziemlich steil hoch geht und wir uns das im Dunkeln ja nicht unbedingt antun müssen. Nach einer ganzen Weile kommt er zurück. Und sieht nicht ganz so überzeugt aus. Der Typ da oben sei wohl ziemlich locker drauf, er wolle "only twenty bucks" für den Stellplatz haben. Wir könnten gerne hochkommen und uns das angucken. Christoph meint auch, das wir das lieber erstmal tun sollen ... Also steigen wir wieder ein und fahren hoch und einmal über den Platz. Wir können uns lebhaft vorstellen, dass der Campingplatz nicht ohne Grund zu seinem doch etwas seltsamen Namen (Lost Shoe) gekommen ist. Hier ist sicher mehr als einer verloren gegangen ... Wir können kein einziges "richtiges" Wohnmobil entdecken, vielmehr sieht alles nach einer Art Hippie-Siedlung aus. Und so als würden die, die hier hausen, das auch dauerhaft tun. Irgendwie ist einfach alles ... chaotisch. Nach den Duschen wollen wir dann gar nicht erst fragen und als wir im Dunkeln einen schwarzen Mann von einer Zeltstange baumeln sehen steht zumindest für mich fest, dass ich hier nicht unbedingt übernachten möchte. Ok, der schwarze Mann stellt sich dann als Neoprenanzug heraus, der wohl zum Trocknen von der Decke hängt - aber da direkt nebenan auch noch ein Friedhof liegt, ändert das meine Meinung nicht wirklich.

Zum Glück sind auch die anderen nicht scharf darauf hierzubleiben und wir fahren wieder von dannen, diesmal bis nach Ucluelet hinein. Wir halten an der erstbesten Tankstelle um nach dem Weg zum Ucluelet Campground zu fragen, bevor wir jetzt noch länger planlos durch die Gegend irren. Hinter dem Schalter empfängt uns eine strahlende Kassiererin die uns total begeistert erklärt, dass wir sozusagen schon fast da seien, nur ein kleines Stück weiter die Straße runter und dann rechts! Wir sind wieder einmal total überrascht und fast schon irritiert über diese enorme Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Menschen hier. Bei uns ist man so etwas einfach nicht gewohnt.

Es ist tatsächlich so, wie sie sagt. Wir sind noch nicht einmal ganz an der Tankstelle vorbei, da ist der Ucluelet Campground auch schon ausgeschildert. Die Rezeption ist nicht mehr besetzt, aber davor steht ein nettes Pärchen das uns sofort erklärt, wie das System hier funktioniert. Und zwar mal wieder ganz einfach: Einen freien Platz anhand des Zettels hinter der Scheibe auswählen, Geld in einen Umschlag und unter der Tür durchschieben. Fertig. Da wir keinen Strom- oder Wasseranschluss benötigen, wählen wir einen Stellplatz der einfachen Kategorie. Wir treffen das Pärchen noch zweimal wieder und jedesmal schlagen sie uns vor, mit unserem Wohnmobil doch hinunter zu den anderen zu kommen, da sei noch ein Platz mit Stromanschluss frei!

Wir bleiben dann doch oben in unserer Alleinlage, auch wenn der Weg zu den Waschräumen dann ein wenig länger ist. Auch hier ist es nachts wieder absolut stockdunkel, über uns erstreckt sich ein gigantischer Sternenhimmel.

Dienstag, den 27.09.2016

Heute morgen machen wir uns als erstes auf den Weg zu Jamie's Whaling Station, um eine Whale Watching Tour zu buchen. Wir bekommen noch 3 Plätze für heute Mittag, da bleibt vorher grade noch genug Zeit für den Lighthouse Loop, eine Teilstrecke des Wild Pacific Trail.

Vom Hafen aus laufen wir durch die kaum befahrenen Straßen hinüber auf die andere Seite des Ortes. Von dort aus führt der Trail an einer Steilküste entlang und herum um die Halbinsel. Alle paar Minuten bleiben wir stehen und genießen die herrlichen Ausblicke auf das Meer. Das Wetter ist traumhaft, blauer Himmel und Sonnenschein. Das satte Grün der Bäume und Sträucher bildet einen wunderschönen Kontrast zum tiefen Blau des Pazifiks.

entlang des Wild Pacific Trail
entlang des Wild Pacific Trail
Blick auf den Pazifik
Blick auf den Pazifik

Entlang des Trails sind verschiedene Infotafeln zu Fauna, Flora und Geschichte der Gegend aufgestellt. Auf einer davon geht es um die First Nations, die vor langer Zeit, bevor die ersten Weißen in der Gegend siedelten, hier an diesem Strand ihr Dorf errichtet hatten und mit ihren Kanus hinaus aufs Meer fuhren. Ich blicke auf die Schautafel, dann hinaus auf die Bucht und kann all das förmlich vor mir sehen. Die Kanus, die Häuser, die Menschen. Auch wenn der Strand nun verlassen dazuliegen scheint bin ich sicher, dass die Spuren von damals nicht vollständig verschwunden sind.

Eine andere Tafel erzählt von den zahlreichen Schiffswracks, die hier noch immer vor der Westküste von Vancouver Island auf dem Meeresgrund liegen. Mehrere hundert sollen es sein. Wahnsinn, wenn man sich das so vorstellt. Was für eine Geschichte sich hinter jedem dieser Schiffe verbirgt, wo sie herkamen, wo sie hinwollten, was sie erlebt haben ...

Hier steht auch der Leuchtturm Amphitrite Lighthouse, der 1906 nach dem Untergang der Pass of Melfort erbaut wurde. Das Segelschiff sank in der Nacht nach Weihnachten hier vor der Küste Vancouver Islands aufgrund eines heftigen Sturms; keines der 35 Besatzungsmitglieder überlebte. Der Leuchtturm überstand mehrere schwere Stürme, bis er im Jahr 1915 durch das noch heute bestehende Gebäude ersetzt wurde.

Amphitrite Lighthouse
Amphitrite Lighthouse

Es ist ein herrlicher Vormittag am Meer, doch wir müssen langsam zurück, schließlich wollen wir ja heute auch noch weiter hinaus! Wir schaffen es rechtzeitig zurück in den Ort und finden uns - zum Glück - sehr frühzeitig an der Walstation ein. Dort wartet der nette Herr, bei dem wir heute Morgen gebucht hatten, bereits mit einer schlechten Nachricht auf uns. Bemerkenswert finde ich allerdings die Art und Weise, wie er uns das eröffnet: "Hey guys ... we had kind of a situation here today ..." Will heißen: Sein Bootsfahrer hat sich den Rücken verknackst und unsere Tour fällt aus. Aber: Sie haben ja noch eine Zweigstelle in Tofino und wenn wir uns beeilen, schaffen wir es noch zu der Tour die dort startet! Gut, dass wir so früh hier sind! Wir machen uns direkt auf den Weg und schaffen es tatsächlich. Pünktlich mit den anderen und noch immer bei schönstem Wetter besteigen wir das Boot. Kurz denke ich an die Nachricht von vor einem Jahr, als genau hier vor Tofino eines genau dieser Walbeobachtungsboote (auch von Jamie's) gesunken ist und mindestens fünf Menschen starben.

https://www.theguardian.com/world/2015/oct/27/shock-in-canada-and-britain-as-five-tourists-die-on-whale-watching-trip

Nun scheint alles so friedlich und man kann sich eine solche Tragödie kaum vorstellen. In den Baumwipfeln auf einer Insel ganz in der Nähe entdecken wir einen Weißkopfseeadler, neben uns kommt ein Kanu von einer Fahrt zurück. Es ist ein handgeschnitztes, traditionelles Kanu der First Nations, die damit ebenfalls Touren anbieten. Leider habe ich das zu spät gesehen.

Wir fahren hinaus auf das offene Meer, dorthin, wo sich die Grauwale zur Zeit aufhalten sollen. Wir sind alle gespannt, ob wir wohl welche zu sehen bekommen. Das einzige Mal, als ich Wale gesehen habe, war auf der Fähre in Neuseeland, als wir von der Süd- zur Nordinsel übergesetzt haben. Das waren Orcas gewesen. Die Begegnung war nur sehr kurz, aber trotzdem unglaublich beeindruckend.

Siedlung der First Nations
Siedlung der First Nations
Auf dem Weg zu den Walen!
Auf dem Weg zu den Walen!

Und dann ist es tatsächlich so weit: Den geübten Augen unseres Kapitäns und der Crew entgeht nichts und bald sichten sie die ersten Wale, schon von Weitem zu erkennen an dem "Blas". Unser Kapitän drosselt das Tempo und stellt den Motor schließlich ganz aus. Wir dümpeln auf den seichten Wellen vor uns hin und warten, was passiert. Und ob sich die Wale wohl weiter in unsere Richtung bewegen. Und das tun sie! Sie schwimmen dicht an unserem Boot vorbei. Die Kameras klicken und klicken. Ich bin hin und her gerissen, einerseits will ich natürlich auch ein paar schöne Bilder machen, andererseits möchte ich dieses einzigartige Erlebnis aber nicht nur durch eine Kamera beobachten. Ich mache zwischendurch ein paar Beweisfotos und genieße ansonsten den freien Blick aufs Meer und diese beeindruckenden Tiere.

Nach unserer Rückkehr aus Kanada war ich bei einem Vortrag von Rainer Schoof von SK Touristik, bei dem er unter anderem über Walbeobachtungen sprach. Er bemerkte, dass es auf den ersten Blick vielleicht spannender erscheint eine Walbeobachtungstour speziell zu den Orcas zu buchen, da diese meist viel aktiver sind und es dadurch mehr zu sehen gibt. Grauwale dagegen sind in der Regel geruhsamer unterwegs. Sie ziehen dahin, stoßen dann und wann ihren Blas in die Luft und ansonsten ist alles, was man von ihnen zu sehen bekommt, ein Teil ihres Rückens, wenn sie grade nah an der Oberfläche sind. Aber, genau wie Herr Schoof auch feststellte, macht grade das die Sache auch so spannend: Alle auf dem Boot halten angestrengt Ausschau, wo sich wohl als nächstes ein Wal zeigen wird. Oft taucht er ganz woanders auf als vermutet.

Während der Exkursion erfahren wir auch einiges Wissenswerte über diese herrlichen Tiere. Grauwale werden in der Regel 10 bis 14 Meter lang und wiegen 30 bis 40 Tonnen. Alljährlich begeben sie sich auf eine bis zu 22.000 Kilometer lange Reise - und damit die längste Wanderung unter den Säugetieren. Anfang Januar bringen die Walkühe in den warmen Gewässern vor Mexiko ihre Jungen zur Welt. Sobald diese kräftig genug sind, ziehen die Tiere nahe der Küste entlang nordwärts bis in arktische Gewässer, da das Nahrungsangebot dort sehr viel größer ist als im warmen Süden. Im Oktober geht es dann wieder zurück nach Mexiko.

Auf ihrer Reise passieren die Wale auch Vancouver Island. Eine Gruppe von Grauwalen, die sogenannten "Residents", verbringen den Sommer hier in den Gewässern vor Tofino und reisen nicht weiter gen Norden. Viele dieser Wale kehren jeden Sommer in dieses Gebiet zurück und werden von den Einheimischen oft wiedererkannt. Auch unser Kapitän erkannte eine ziemlich alte Walkuh, und das schon aus einiger Entfernung.

ein Grauwal!
ein Grauwal!

Außer den Walen sehen wir noch Seelöwen - ok, die anderen sehen welche - und einen Seeotter. Der sich weder von uns noch von unserem Boot beeindrucken lässt und ganz gemütlich auf dem Rücken liegend auf den Wellen daher schaukelt und an einem Fisch (oder was auch immer) mümmelt.

und ein Seeotter
und ein Seeotter

Die Zeit vergeht wie im Flug und wir kehren bald in den Hafen zurück. Wir bummeln noch ein wenig durch den Ort, dann machen wir uns wieder auf den Rückweg. Und als ob dieser Tag nicht schon grandios genug gewesen wäre, erleben wir noch ein weiteres Highlight ...

Auf unserem Rückweg nach Ucluelet machen wir Halt am Long Beach. Dieser Kilometerlange Strand erstreckt sich an der Küste zwischen Ucluelet und Tofino und ist Teil des Pacific Rim Nationalparks. Wir halten auf dem Parkplatz und wollen grade ein Parkticket am Automaten ziehen, als ein Auto neben uns hält. Der Fahrer schenkt uns sein Ticket, er hat noch eine Stunde frei!

Obwohl es laut Reiseführer hier am Long Beach meist regnerisch ist und man kaum etwas sieht, haben wir strahlend blauen Himmel und erleben einen atemberaubenden Sonnenuntergang. Der traumhafte Sandstrand scheint unendlich weit, auf der einen Seite der weite Pazifik, auf der anderen Regenwald. Davor die typischen, riesigen angeschwemmten Baumstämme, die sich in der Ferne im Nebel verlieren. Ich ziehe Schuhe und Strümpfe aus, wir laufen ein Stück. Finden schöne Steine und Muscheln und fragen uns, ob und wie wir sie heile nach Hause bekommen. Zwischendurch die paar obligatorischen Beweisfotos, dieser Ort ist zu schön, um ihn nur durch eine Linse zu betrachten. Auch wird kein Bild der Welt diese Stimmung wirklich rüberbringen können.

Sonnenuntergang am Long Beach ...
Sonnenuntergang am Long Beach ...
... was für eine Stimmung!
... was für eine Stimmung!

Doch auch dieser Abend geht zu Ende, die Sonne ist hinter den Baumwipfeln verschwunden und wir machen uns wieder auf den Weg. Diese Nacht verbringen wir noch einmal auf dem Ucluelet Campground.

Mittwoch, den 28.09.2016

Wir verlassen Ucluelet an diesem Morgen und folgen noch einmal dem spektakulären Pacific Rim Highway zurück auf die andere Seite der Insel. Unterwegs legen wir ein paar Stops ein und unternehmen kürzere Wanderungen.

Zunächst besuchen wir Cathedral Grove, ein Waldgebiet mit riesigen Douglastannen, die teilweise über 800 Jahre alt sind und deren Stämme einen Umfang von über 9 Metern aufweisen. Es ist Wahnsinn, wenn man neben diesen Bäumen steht und sich vorstellt, was sie alles schon gesehen und erlebt haben ... und wer schon alles an ihnen vorbei gelaufen ist ... Vor 800 Jahren war noch nicht einmal Kolumbus in Amerika gelandet!

Am 1. Januar 1997 wurde dieser Wald von einem heftigen Sturm getroffen; hunderte dieser mächtigen Baumriesen fielen um wie Streichhölzer und viele liegen noch heute dort.

umgestürzter Baumriese in Cathedral Grove
umgestürzter Baumriese in Cathedral Grove

Auch im Gebiet der Little Qualicum Falls finden sich mächtige Douglasien und die Western Red Cedar (Riesen-Lebensbaum). Malerisch bahnt sich der Little Qualicum River seinen Weg durch die Schlucht und fällt dabei einmal 17, einmal 5 Meter in die Tiefe. Wunderschöne Trails führen am Rand der Schlucht entlang und über Brücken über den Fluss.

Little Qualicum Falls
Little Qualicum Falls

Als nächstes halten wir bei den Englishman River Falls. Auch der Englishman River schlängelt sich durch eine bewaldete Schlucht und fällt in mehreren Wasserfällen hinab. Am Fuße der Lower Falls befindet sich ein recht tiefer Pool mit glasklarem Wasser, der sich sogar zum schwimmen eignet - das ist mir dann doch ein bisschen zu frisch ... Laut einer Legende der First Nations erhielt der Fluss übrigens seinen Namen, weil an dem Wasserfall das Gerippe eines weißen Mannes gefunden wurde. (Wobei ich mich frage woher sie damals wussten, dass die Knochen einem Weißen gehörten ...??)

bei den Englishman River Falls
bei den Englishman River Falls

Duncan, die Stadt der Totempfähle. Im hübschen Cowichan Visitor Centre machen wir kurz Halt. Eigentlich wollen wir uns nur etwas genauer informieren, wo genau denn die Totempfähle zu finden sind. Doch die nette und mal wieder sehr hilfsbereite Mitarbeiterin sucht uns auch noch direkt die günstigsten Fährverbindungen heraus, da wir ja am nächsten Tag wieder zurück aufs Festland müssen.

In Duncan selbst machen wir uns dann zu Fuß auf den Weg durchs - ja, nennen wir es mal Stadtzentrum. Denn dort sind 40 Totempfähle aufgestellt.

Früher lebten hier in dem Gebiet, wo sich heute die Stadt befindet, die Cowichan First Nations. Die Cowichan sind der zahlenmäßig größte Stamm in British Columbia und auch heute noch verläuft die Grenze zwischen der Stadt und Stammesland mitten durch das Handelszentrum von Duncan. Das bedeutet, dass Stadtregierung und Stamm bei vielen Entscheidungen eng zusammenarbeiten müssen.

Totempfähle sind übrigens keine "Marterpfähle", wie manche sie vielleicht fälschlicherweise aus Winnetou-Filmen in Erinnerung haben. Totempfähle wurden und werden von den Ureinwohnern der Nordwestküste angefertigt und erzählen die Geschichte einer Familie, eines Clans.

In Duncan wurde der erste Totempfahl 1985 errichtet. Im Jahr 2012 kam der Centennial Pole als bisher letzter hinzu. Er wurde anlässlich der Hundertjahrfeier der Stadt und im Rahmen einer Zeremonie errichtet.

All diese Totempfähle wurden aus dem Holz der Western Red Cedar (Riesen-Lebensbaum) gefertigt. Diese Bäume haben in der Kultur der Nordwestküstenindianer eine immense Bedeutung. Aus ihnen wurden Gegenstände für Zeremonien, Transport und den Haushalt angefertigt sowie Fischernetze, Kleidung und vieles mehr. Man kann fast sagen, dass die Zeder für die Menschen dort eine ähnliche Bedeutung hatte wie der Büffel für die Ureinwohner in der Prärie.

Wird ein Baum für einen Totempfahl oder auch Kanu ausgewählt, wird eine Zeremonie abgehalten um die Wiedergeburt des Baumes in einer anderen Gestalt zu feiern. Die Ureinwohner gehen davon aus, dass es eine besondere Verbindung zwischen Mensch und Baum, insbesondere zwischen dem Schnitzer und dem Baum, gibt. Sie alle sind Teil eines großen Ganzen.

Zum Schnitzen der Totempfähle werden heutzutage sowohl moderne, als auch traditionelle Werkzeuge benutzt. Häufig fertigen die Schnitzer dazu individuelle Griffe für ihre Werkzeuge an, sodass diese perfekt in ihren Händen liegen.

Wir laufen also durch die Straßen und bewundern die aufwändig geschnitzten Pfähle. Was das für eine Arbeit sein muss! Neben jedem Pfahl steht ein kleines Schild mit Informationen darüber, was genau dieser Pfahl repräsentiert und wer ihn geschnitzt hat. Bei einem Pfahl bleibe ich plötzlich irritiert stehen: Das ist doch ... tatsächlich! Ein Blick auf die Infotafel bringt Gewissheit: Im Rahmen des Projektes wurde auch ein Maori aus Neuseeland (sogar aus der Bay of Islands!) eingeladen, einen Pfahl zu schnitzen! Was für eine wunderbare Idee und was für ein merkwürdiger Zufall, dass ausgerechnet die Ureinwohner Kanadas und Neuseelands hier auf diese Weise vereint sind - aus den beiden Ländern, die für mich eine ganz besondere Bedeutung haben ...

Schnitzkunst der Ureinwohner Kanadas ...
Schnitzkunst der Ureinwohner Kanadas ...
... und Neuseelands
... und Neuseelands

Wir kommen auch an einigen Geschäften vorbei, in einem davon gibt es alles mögliche aus Schokolade. Ich bleibe kurz stehen, weil ich eigentlich nur schnell den Spruch lesen will, der auf einem Schild an der Tür steht ("7 days without chocolate is one weak"), aber in dem Moment wird auch schon die Ladentür aufgerissen und wir werden mit lautem "Hallo!" hereingebeten. Die Ladeninhaber, ein älteres Ehepaar, nehmen die Tücher wieder von den Vitrinen und Auslagen, vermutlich waren sie grade dabei zu schließen. Wir bewundern die fantasievollen Schokoladenkreationen, alle in Handarbeit hergestellt. Es gibt neben Tafeln und Pralinen in allen Variationen auch alle möglichen und unmöglichen Figuren, wie Ahornblätter, Motorräder, etc. Wie schade, dass ich mein Geld im Auto gelassen habe ...

Ursprünglich hatten wir vorgehabt, uns heute noch Victoria anzuschauen, aber dazu ist es inzwischen mal wieder zu spät. Also machen wir uns auf die Suche nach einem Campingplatz. Unsere Wahl fällt auf den - im Reiseführer hochgelobten - Campground im Goldstream Provincial Park. Der  Platz liegt wunderschön mitten im dichten Wald. Es ist mal wieder fast dunkel als wir ankommen und stockfinster, als wir endlich unseren Stellplatz beziehen. Was daran liegt, dass wir Runde um Runde über den Platz drehen auf der Suche nach dem Duschhaus und einem günstigen Platz in dessen Nähe. Zweimal kommen wir auf unserer Tour an einer patroullierenden Rangerin vorbei, einmal kreuzen drei Rehe vor uns den Weg. Dann endlich sind die Duschen gefunden und für gut befunden, wir parken unser Gefährt und kurz darauf steht auch schon die Rangerin bei uns, um die Gebühr zu kassieren. Und trotz der Dunkelheit und recht frischen Temperaturen haben wir heute noch etwas Besonderes vor: Zumindest einmal auf unserer Tour wollen wir ein Lagerfeuer machen! Während Christoph sich daran macht das Feuer in Gang zu bringen (nein, wir haben das Holz nicht wild gesammelt sondern kurz vorher brav an der Tankstelle gekauft!), decken Annika und ich im Halbdunkel so gut es geht den Tisch und schnibbeln die restlichen Paprika und das Brot, welches zusammen mit den Kartoffeln und Maiskolben aufs Feuer kommt. Ich muss jetzt nicht extra erwähnen, dass es - zumindest für mich - das beste Essen der ganzen Reise wurde, oder? Ok, die Nudeln in der Spaghetti Factory hätten diesen Titel ebenfalls verdient - aber soweit sind wir noch nicht, das ist eine andere Geschichte ...

Lagerfeuer
Lagerfeuer

Donnerstag, den 29.09.2016

Bevor wir heute Morgen aufbrechen, laufen wir noch einen kurzen Trail. Er führt durch dichten Wald, entlang eines Baches bis zu einem kleinen Wasserfall. Auch hier lassen sich ab Mitte Oktober Lachse beobachten, die aus dem offenen Meer hierher zurückkehren, um zu laichen. Leider sind wir etwas zu früh dran, aber der Ort ist auch so wunderschön.

Wieder zurück beim Wohnmobil, machen wir uns auf den Weg Richtung Victoria. Vorher stoppen wir noch bei der Fort Rodd Hill and Fisgard Lighthouse National Historic Site. Auf diesem Gelände befindet sich ein historischer Militärstützpunkt, man kann verschiedene Gebäude, Bunker und Lager besichtigen. Ein Naturlehrpfad führt durch einen Eichenwald und einen neu angelegten Garten. Aber der eigentliche Grund für unseren Abstecher hierhin ist der malerische Leuchtturm Fisgard Lighthouse. Darin befindet sich eine hübsche Ausstellung über seine Geschichte und das Leben der ehemaligen Leuchttrumwärter.

Fisgard Lighthouse wurde 1860 erbaut, war der erste Leuchtturm an der kanadischen Westküste und ist bis heute in Betrieb, auch wenn der letzte Leuchtturmwärter 1929 sein Amt niederlegte.

Fisgard Lighthouse
Fisgard Lighthouse

Nun aber geht es endlich hinein nach Victoria - sehr zu Annikas Freude, die nach so viel Natur, Wasserfällen und Wildnis sichtlich froh darüber ist, wieder in die Zivilisation zurückzukehren ;-) Wieder einmal haben wir Riesenglück und finden im Stadtgetümmel tatsächlich noch einen - kostenfreien! - Parkplatz. Wir laufen zunächst durch ein ruhigeres Viertel mit hübschen Häuschen, deren Bauweise mich sehr an die in Neuseeland erinnert. Was vermutlich daran liegen mag, dass Victoria nicht nur die Hauptstadt von British Columbia ist sodern auch den Ruf besitzt, die englischste Stadt Kanadas zu sein. Und tatsächlich erinnert vieles an England: Das mächtige Parliament Building, die Kutschen, das Stadtbild an sich. Wir laufen die Government Street hinunter, eine Einkaufsstraße, und kommen an "Munro's Books" vorbei, einem gaaanz tollen Buchladen. Wo wir natürlich anhalten müssen. Ich beschränke mich wieder auf die Abteilung der First Nations und entscheide mich für das Buch "Price Paid" von Bev Sellars, in dem die Autorin die heutige Situation der kanadischen Úreinwohner beschreibt und mit Vorurteilen aufräumt. Als ich das Buch nach unserer Reise lese finde ich heraus, dass Bev Sellars von einer Reservation in der Nähe von Big Creek stammt ...

Victoria - Blick auf den Hafen und das Parliament Building im Hintergrund
Victoria - Blick auf den Hafen und das Parliament Building im Hintergrund

Wir schlendern weiter bis nach Chinatown und dem Gate of Harmonious Interest, einfach um es einmal gesehen zu haben. Hier soll es auch die schmalste Gasse Kanadas geben - und prompt laufen wir erstmal dran vorbei. Erst nach genauerem Hinsehen finden wir sie, laufen hindurch und am Hafen entlang, vorbei am Fischerman's Wharf, dem Terminal für Kreuzfahrtschiffe und hin zum Breakwater Lighthouse. Ein 762 Meter langer Betonsteg führt zum Leuchtturm hin. Den nehmen wir natürlich noch mit, mit dem Ergebnis, dass es mal wieder recht spät ist, als wir wieder beim Wohnmobil ankommen. Eigentlich hatten wir vorgehabt, heute Abend noch die Fähre um 19 Uhr hinüber zum Festland zu nehmen, doch das wird nun mehr als knapp. Schließlich schaffen wir es tatsächlich um kurz vor sieben am Fähranleger zu sein und bekommen auch noch unsere Tickets - nur leider erst für das Schiff um 21 Uhr. Was zwar sehr schade ist, da wir die Überfahrt dann im Dunkeln machen werden. Dabei soll ausgerechnet diese Strecke besonders schön sein und man soll sogar gute Chancen haben, Orcas zu beobachten! Aber gut, wir hatten bisher so viel Glück auf dieser Reise, da wollen wir uns sicher nicht beschweren. Stattdessen genießen wir einmal mehr die Flexibilität und Unabhängigkeit, die so ein Wohnmobil bietet, fahren das Slide out aus, schmeißen den Herd an und kochen mitten auf dem Parkplatz des Fährterminals und in der Warteschlange unser Abendessen. Zeit sinnvoll genutzt.

Chinatown - Gate of Harmonious Interest ...
Chinatown - Gate of Harmonious Interest ...
... und die schmalste Gasse Kanadas
... und die schmalste Gasse Kanadas
Fisherman's Wharf
Fisherman's Wharf

Die Überfahrt verbringen wir dann unter Deck beim Kartenspielen, gegen 22:30 Uhr legen wir in Vancouver an. Und machen uns auf die Suche nach unserem auserwählten Campingplatz, was sich als nicht wirklich einfach erweist, da wir nur sehr ungenaue Angaben haben. Angeblich soll er nur 3 Kilometer vom Fähranleger entfernt liegen, wir finden ihn jedoch erstmal nicht und landen stattdessen im Frachthafen. Als wir mitten im Nichts an einer Tankstelle vorbeikommen halten wir an, vielleicht kann uns dort jemand weiterhelfen. Aber die Tankstelle ist nicht nur einsam, sondern auch verlassen. Das einzige Auto, das außer uns dort ist, fährt grade davon. Wir wollen auch wieder weiter, als uns der Wagen an der Ausfahrt wieder entgegen kommt und neben uns hält. Ob wir kein Benzin mehr hätten und Hilfe bräuchten, fragen uns die Herren. Sie hatten uns zur Tankstelle fahren sehen und waren extra nochmal umgekehrt um zu sehen, ob sie helfen könnten! Wir verneinen dankend, fragen aber nach ob sie wüssten, wo sich gesuchter Campground befindet. Hier müssen sie verneinen, sie seien nur Bauarbeiter und nicht aus der Gegend. Also kurven wir weiter durch die Gegend, ohne Erfolg. Schließlich fragen wir einen Mann an einer Kreuzung. Er ist ebenfalls nicht aus der Gegend und spricht auch kaum Englisch, möchte uns aber unbedingt helfen. Kurzerhand ruft er seinen Chef an, der müsste wissen, wo sich der Campingplatz befindet. Inzwischen ist es weit nach 23 Uhr. Sein Chef kennt den Platz wohl auch und erklärt ihm den Weg; der nette Herr wiederum versucht, es uns zu erklären. Ich weiß nicht mehr, ob wir den Platz schließlich aufgrund seiner Beschreibung oder durch Zufall fanden; jedenfalls kommen wir schließlich tatsächlich an - und stehen vor einer verschlossenen Schranke. Während wir bisher auf den anderen Campgrounds immer Glück hatten und auch spät noch einen Platz bekamen, heißt zu hier also wirklich zu. Was also tun? Wir könnten einfach auf dem Parkplatz stehen bleiben, aber irgendwie behagt uns der Gedanke nicht. Also blättern wir die Reiseführer nach Alternativen durch. Da wir aber keinen Plan haben, wo genau wir hier eigentlich sind, ist es schwierig die Entfernungen zu den anderen Plätzen einzuschätzen. Also fahren wir erstmal einfach los. Und erreichen bald darauf die rettende Insel: McDonalds! Und damit WLAN! Und damit eine Chance, uns zu orientieren. Zur Sicherheit gehen wir dann doch noch hinein und fragen am Schalter, ob sie uns bei der Suche weiterhelfen könnte. Was die junge Frau so gut sie kann tut. Als sie erfährt, dass wir aus Deutschland sind, strahlt sie uns an und erzählt, dass sie nebenbei auch noch in einer deutschen Bäckerei arbeitet - aber leider selbst kein Deutsch spricht. Wenn wir wollen könnte sie aber gern Deutsche anrufen, die ganz in der Nähe leben! Wir bekommen es dann auch so hin und machen uns, um einiges schlauer als vorher, auf den Weg zu einem anderen Campground. Der dann auch wirklich offen ist, auch wenn natürlich so spät keiner mehr an der Rezeption ist. Wir schauen uns den Lageplan an und fahren auf den Platz - und haben keinen Schimmer, wo wir uns hier hinstellen sollen. Der aufgemalte und tatsächliche Platz scheinen überhaupt nichts gemeinsam zu haben. Wir finden auch kein einziges Wohnmobil; nur Mobilheime in allen möglichen Variationen. Schließlich entdecken wir eine Wiese von der wir annehmen, dass diese ganz eventuell für Wohnmobile gedacht sein könnte. Und stellen uns dort hin, weil wir einfach keinen Bock mehr haben, mitten in der Nacht noch weiter zu suchen. Wir parken also und marschieren zum Waschhaus, das glücklicherweise nicht weit entfernt ist - nur um festzustellen, dass man zum Öffnen der Tür einen Code eingeben muss ... Na ganz toll. Also Zähneputzen im Wohnmobil, dann lohnt sich morgen wenigstens das dumpen. Dann verschwinde ich noch schnell hinter einem Busch - wobei ich eine Kaninchenkolonie aufschrecke, 'tschuldigung - und anschließend unter der Decke, um die letzte Nacht in unserem Camper zu genießen ...

Freitag, den 30.09.2016

Das letzte Frühstück im Wohnmobil. Das letzte Mal dies, das letzte Mal das ... diese Gedanken können einen schon wehmütig stimmen. Dabei ist doch noch längst nicht alles vorbei! Gut, heute müssen wir unseren Camper wieder abgeben. Aber uns steht ja noch die Zeit auf der Ranch bevor! Wir räumen also unsere Sachen zusammen und putzen einmal durch, danach machen wir uns auf zur Rezeption. Noch niemand da. Wir schlendern eine Runde über den recht überschaubaren Platz. Tatsächlich stehen hier zum größten Teil Mobilheime, die aber nichts mit einfachen Bretterbuden gemein haben die Gefahr laufen, bereits beim nächsten Windhauch in sich zusammenzufallen. Vielmehr sehen die "Hütten" aus wie richtige Häuser, teilweise richtig luxuriös und sehr groß. Manche wurden einfach um einen Truck-Camper herumgebaut. Wir vermuten, dass viele Leute hier ihren festen Wohnsitz haben und bekommen dies kurz darauf bestätigt: Ein kleiner Hund läuft auf mich zu und von hinten ruft mir sein Herrchen lachen zu: "Der beißt nicht!" Ich unterhalte mich kurz mit dem älteren Mann, er ist ebenfalls Deutscher und vor - ich glaub es waren 30 Jahre oder noch mehr - hierher ausgewandert. Nun lebt er hier auf dem Campground, in der Nähe von Vancouver.

der letzte Morgen mit unserem WoMo
der letzte Morgen mit unserem WoMo

Als wir noch einmal bei der Rezeption vorbeischauen, treffen wir den Besitzer an. Wir bezahlen die Stellplatzgebühr, bekommen den Code fürs Waschhaus und dürfen kostenlos dumpen. Das tun wir dann auch, bevor wir uns auf in Richtung Delta machen. Wir tanken noch einmal voll und rollen dann auf den Parkplatz der Vermietstation von Fraserway, wo wir unseren Camper abstellen. Kurz darauf kommt auch schon ein Mitarbeiter zu uns, um ein paar Daten aufzunehmen und das Gefährt - von außen - zu inspizieren. Ich werde leicht nervös, da ich noch etwas beichten muss ... direkt am ersten Tag ist mir nämlich ein Plastikfach in der Kühlschranktür abgebrochen. Die Sachen, die da drin standen, waren wohl zu schwer und als ich die Tür aufgemacht hab, sind die Sachen samt Fach rausgefallen ... Ich erwähne das kleinlaut und erst daraufhin geht er auch mal ins Innere des Wagens. Die kaputte Tür ist ihm nur ein müdes Lächeln wert, er macht sich noch nicht mal eine Notiz dazu. Okaaay ... Die Abgabe verläuft genauso reibungslos wie die Aufnahme. Wir bezahlen die zusätzlichen Kilometer - wir sind 2600 gefahren bei 2500 Freikilometern - und warten dann auf unseren Rücktransport zum Hostel. Die Dame am Schalter druckt uns sogar einen Plan bei Google Maps aus, wie wir von dem Punkt, wo wir rausgelassen werden, zu unserer Unterkunft gelangen.

Als wir mit unserem Shuttle vom Hof rollen, steht unser Camper schon wieder frisch geduscht und gewienert für das nächste Abenteuer bereit.

 

Vancouver. Normalerweise bin ich ja überhaupt nicht der Stadtmensch, aber über Vancouver habe ich schon so viel Positives gehört und gelesen, dass ich nun doch neugierig bin und mir endlich einmal ein eigenes Bild machen will. Sehr grün soll es hier sein und überhaupt würde jeder diese Stadt lieben, ob nun Einwohner oder Tourist. Vor der Reise sagte uns fast jeder: Ihr müsst auf jeden Fall nach Vancouver und euch auf jeden Fall genügend Zeit dafür nehmen! Ob diese Stadt auch mich überzeugen kann? Ich bin gespannt.

Zunächst fahren wir immer geradeaus ... und geradeaus ... und weiter geradeaus ... bis wir nach einer gefühlten Ewigkeit Downtown erreichen. Ein Fahrgast nach dem anderen wird an seinem Hotel abgesetzt, bis nur noch wir übrig sind. Unser Hostel liegt in einer etwas ruhigeren Seitenstraße. Wir checken ein, aber es ist erst Mittag und daher noch zu früh um unser Zimmer zu beziehen. Wir dürfen unser Gepäck aber dort lassen und machen uns direkt wieder auf den Weg, um die Stadt zu erkunden. Gleichzeitig wollen wir auch schon mal sehen, wo morgen früh unser Bus abfährt. Christoph und ich werden die nächsten Tage auf einer Ranch verbringen, während Annika sich lieber noch ein wenig mehr von Vancouver anschauen möchte.

Wir laufen zunächst hinunter zum Pacific Boulevard, am BC Place Stadium, dem Plaza of Nations und dem kugelförmigen Gebäude von Science World vorbei bis hin zum Bahnhof. Dort soll morgen früh unser Bus abfahren, wir sind ca. 45 Minuten gelaufen. Rosige Aussichten, das Gleiche dann mit Gepäck und in aller Frühe. Wenn wir da gewusst hätten, dass es noch viel besser kommen sollte ... Aber der Reihe nach.

Vancouver
Vancouver

Für uns geht es zunächst durch Chinatown hindurch - ja, auch diesmal nur deshalb, um es einfach mal gesehen zu haben. Die Schilder an den Läden sind alle mit chinesischen Schriftzeichen beschriftet, die Auslagen in den Feinkostgeschäften für uns undefinierbar. Es gibt getrocknete Fische und Pilze und allerlei anderes Zeugs, was auch immer es sein mag. Auch die Gestalten, die hier in den Straßen anzutreffen sind, sind ... nun ja, nicht grade vertrauenserweckend. Nun verstehen wir nur zu gut warum geraten wird, nicht allein und schon gar nicht nach Einbruch der Dunkelheit durch Chinatown zu laufen.

Geschäft in Chinatown
Geschäft in Chinatown

Erleichtert atmen wir auf, als wir das Viertel hinter uns lassen und Gastown erreichen, die Altstadt von Vancouver. Kopfsteinpflaster und hübsche Laternen prägen hier das Straßenbild; es erinnert mich ein wenig an Paris (auch wenn ich noch nie da war). Markant sind das Denkmal von "Gassy Jack", dem Namensgeber des Viertels, und die Steam Clock. Diese mit Dampf betriebene Uhr lässt zu jeder Viertelstunde den Klang der Glocken von Westminster ertönen, besonders lange zu jeder vollen Stunde. Wir entdecken einen Laden nur für Westernstiefel, da muss ich wenigstens mal kurz reinschauen. Während wir die Water Street hinauflaufen, steigt uns auf einmal ein intensiver Duft in die Nase, nach - Nudeln! Bzw. Nudelsoße. Wir schauen uns um und entdecken auf der anderen Seite die "Old Spaghetti Factory". Diese war schon als besonderer Tipp im Reiseführer angepriesen worden. Kein Wunder, wenn das Essen dort wirklich so schmeckt wie es riecht ... Aber wir werden heute Abend selbst unsere obligatorischen Nudeln zubereiten, in der Hostelküche.

Gassy Jack
Gassy Jack
Steam Clock
Steam Clock

Wir laufen weiter und kommen an einem anderen Geschäft vorbei, an dem ich nicht vorbeigehen kann ohne reinzuschauen: Hill's Native Art. Dies ist nicht nur ein einfaches Geschäft, in dem es hochwertige Handarbeiten, Bilder, Skulpturen, Masken, Schmuck und Kleidung der First Nations zu kaufen gibt, sondern es ist zugleich auch eine Gallerie, in der häufig indianische Künstler beim Schnitzen oder Malen anzutreffen sind.

Wieder zurück im Hostel beziehen wir unser Zimmer und machen uns wie bereits erwähnt daran, unsere Nudeln zu kochen. Für beste Unterhaltung sorgt ein anderer Gast, der hartnäckig versucht, sein Essen in einer vollkommen verbeulten und dadurch auf der Unterseite hohlen Pfanne zu braten. Was leider nicht wirklich gelingt.

Nach dem Essen, es ist bereits dunkel, zieht es uns noch einmal hinaus. Wir wollen hinauf auf den Vancouver Lookout, den rund 170 m hohen Aussichtsturm. Dieser ist bis 22.30 Uhr geöffnet und wir wollen die Chance nutzen, uns Vancouver von oben bei Nacht anzusehen. Annika bleibt dann doch vorerst unten, sie möchte den Programmpunkt morgen nachholen. Denn mit einem Ticket darf man zweimal hoch, also einmal im Hellen und im Dunkeln. Das möchte sie dann morgen ausnutzen. Christoph und ich steigen also in den Aufzug mit gläserner Front und fahren nach oben auf die Aussichtsplattform. Wahnsinn, was für ein Ausblick! Die beleuchteten Straßen, die Hochhäuser, die Brücke, der Hafen ... im Dunkeln und von so hoch oben sieht alles nochmal ganz anders aus und man entdeckt ständig neue, oft auch merkwürdige Dinge. Am skurrilsten sind drei seltsame Flugobjekte, die einfach am Himmel zu stehen scheinen und sich nicht fortbewegen. Der Herr hinter dem Tresen versichert uns, das seien Flugzeuge in der Warteschleife - aber warum bewegen sie sich dann seit 20 Minuten nicht vom Fleck ...? Gastown mit seinen Laternen sieht auch sehr hübsch aus. Wir merken gar nicht, wie die Zeit vergeht, aber schließlich ist es wirklich Zeit, wieder hinunterzufahren. Durch das nächtliche Treiben laufen wir zurück zum Hostel. Es ist Freitagabend, die Leute stehen Schlange vor den Nachtclubs, eine Limousine folgt der nächsten. Sicherlich ist es interessant, das alles mal gesehen zu haben. Aber ehrlichgesagt freue ich mich bereits nach diesem einen Tag wieder darauf, morgen im Bus zu sitzen, der Stadt zu entfliehen und wieder hinaus in die Wildnis zu fahren. Annika dagegen ist sichtlich froh, wieder in der Zivilisation angekommen zu sein und wird sich hier noch ein paar schöne Tage machen.

Vancouver bei Nacht
Vancouver bei Nacht

Samstag, den 01.10.2016

Heute heißt es wirklich, in aller Frühe aufstehen. Sicherheitshalber haben wir gleich alle Wecker gestellt, die wir auftreiben konnten, um ja nicht zu verschlafen. Eigentlich soll unser Bus ja erst um 8 Uhr abfahren, allerdings habe ich gestern Abend nochmal genauer aufs Ticket geschaut und da stand doch tatsächlich, dass man 1 ganze Stunde vor Abfahrt am Bus sein soll!! Wo gibt's denn sowas?? Dazu noch der lange Hinweg ... Nun ja, nicht zu ändern. Der Vorteil ist, dass so früh morgens noch kaum jemand auf den Straßen unterwegs ist.

Wir kommen pünktlich am Bahnhof an und finden auch das Schild mit der Aufschrift "Greyhound", unserer Busgesellschaft. Nur irgendwie ist hier kein einziger Bus zu sehen und auch kein wirklicher Parkplatz. Christoph fragt kurzerhand einen Taxifahrer und der zeigt auf das Bahnhofsgebäude. Hä? Da drin sollen die Busse abfahren?? Wir gehen also nachschauen. Tatsächlich: An einem der zahlreichen Schalter muss man sein ausgedrucktes Ticket noch gegen ein "richtiges" eintauschen und sich die Gepäckanhänger besorgen, anschließend geht man durch eine Tür auf einen separaten Busparkplatz. Aber so weit sind wir ja noch laaange nicht ... Erstmal haben wir von all dem keinen Schimmer und ich frage die Frau an der Info, ob wir hier nun richtig sind und was wir tun müssen. Und erfahren, dass unser Bus bereits weg ist. Oder besser gesagt, dass es unseren Bus nicht mehr gibt! Ich habe die Tickets Ende April gebucht und Anfang Mai wurden die Fahrpläne geändert. Darüber informiert wurden nur diejenigen, die eine kanadische Telefonnummer angegeben hatten. Das heißt, unser Bus wurde vorverlegt und ist nun ohne uns unterwegs Richtung Norden ... Ach du Sch... und was jetzt??

Wir werden auf den nächsten Bus umgebucht. Dieser fährt um 20:30 Uhr ab und kommt erst am nächsten Morgen in Williams Lake an. Eigentlich war unser Plan ein anderer. Wir hätten Nachmittags um 16 Uhr dort ankommen sollen, dann eine Nacht in einem Hotel verbracht und wären am nächsten Morgen abgeholt und zur Ranch gebracht worden. Na super. Ich versuche sofort, unsere Hotelreservierung zu stornieren, was aber leider ebenfalls nicht klappt. Das Telefongespräch bricht ab und per Mail meldet sich zunächst niemand. Was dann auch egal ist, da wir das Zimmer so kurz vorher trotzdem hätten bezahlen müssen. Erstmal vollkommen fertig mit der Welt sitzen wir planlos auf einer Bank im Bahnhofsgebäude. Was für ein Sch..., denken wir. Stehen in aller Hergottsfrühe auf um ja rechtzeitig hier zu sein, und dann sowas. Was nun tun mit diesem unfreiwillig gewonnen Tag in Vancouver? Hm. Ich habe eine Idee. Ich hätte mir gern noch das Aquarium angesehen, was aber zeitlich eigentlich nicht möglich gewesen wäre. Aber nun, da wir einen Extra-Tag hier haben? Christoph hat keine bessere Idee, also ist es entschieden. Wir holen den Stadtplan heraus - und haben schon einen Kanadier neben uns stehen der freundlich fragt, ob er uns helfen kann. Auf Deutsch. Wir fragen ihn nach der schnellsten Route zum Stanley Park (denn dort liegt das Aquarium) ohne noch einmal durch Chinatown zu müssen. Er eilt davon, besorgt uns eine größere Karte und wir kommen ins Gespräch. Und sind auch gleich per Du - denn warum soll man sich auf Deutsch Siezen, wenn man sich im Englischen schon geduzt hat? Er ist eigentlich aus Wien, aber hierhin ausgewandert. Und auch ganz glücklich, Vancouver gefällt ihm. Das Klima ist das ganze Jahr über recht angenehm, nur die Chinesen machen ein wenig Stress. Kommen hierher und übernehmen alles.

Wir verabschieden uns und machen uns zu Fuß auf den Weg zum Stanley Park. Dazu müssen wir einmal quer durch Downtown und West End, aber was soll's - wir haben ja Zeit. Von unterwegs schicken wir Annika eine Nachricht mit der Info zu unserer Planänderung, aber da das Absprechen mangels WLAN recht schwierig ist und sie ja auch schon Pläne für den heutigen Tag hat, gehen wir dann doch getrennte Wege.

Der Stanley Park befindet sich auf einer Halbinsel im Norden von Vancouver. Mit seinen 405 Hektar ist er nicht nur der größte Stadtpark in Kanada, sondern zugleich auch der drittgrößte in ganz Nordamerika. Rund 200 Kilometer Spazierwege durchziehen den Park und einmal drum herum verläuft besagte Seawall, die von Fußgängern, Radfahrern und Skatern genutzt werden kann. Und zwar streng getrennt auf separaten Wegen!

Stanley Park
Stanley Park

Auch wir nehmen nicht den direkten Weg zum Aquarium, sondern laufen zunächst die Seawall entlang und um den östlichen Teil der Halbinsel herum. Unterwegs kommen wir an einer Ansammlung von Totempfählen vorbei sowie am Brockton Point Lighthouse. Von dort hat man auch einen wunderbaren Blick auf den Hafen: rechts liegen die Segelboote und riesigen Kreuzfahrtschiffe vor der Innenstadt, links blickt man auf den Frachthafen, wo die Containerschiffe beladen werden.

Totempfähle
Totempfähle

Schließlich erreichen wir das Aquarium und gehen hinein. Das Vancouver Aquarium ist eine Non-Profit Organisation, finanziert sich allein aus Spenden und Eintrittsgeldern und erhält keine Gelder vom Staat. Es ist das größte Aquarium in Kanada und wird überall hoch gelobt. Obwohl es mich wirklich interessiert, bin ich andererseits auch ziemlich skeptisch. Hier soll es auch Beluga Wale zu sehen geben. Und von "Delfinarien" und der Haltung großer Meeressäuger in Zoos halte ich eigentlich nichts, da man so große Tiere einfach nicht artgerecht in Gefangenschaft halten kann und sie aufgrund der Enge meist Verhaltensstörungen entwickeln. Aber da ich so viel Positives über diese Einrichtung gelesen habe beschließe ich, mir ein eigenes Bild zu machen bevor ich urteile. Was definitiv die richtige Entscheidung war.

Das Aquarium ist wirklich riesig und in verschiedene Themengebiete unterteilt: Den Amazonas (mit einem Kaiman und einer riesigen Anakonda - die ja angeblich gar nicht so gefährlich für Menschen sein soll ...), der Tropic Zone, der Küste von British Columbia und vielem mehr. Ein Bereich beschäftigt sich nur mit Quallen - ich hätte nie gedacht, dass es so viele verschiedene gibt. Grade stehe ich vor einem der Becken und schaue fasziniert den schwebenden Schönheiten zu, als Christoph mich auf eine Anzeigentafel aufmerksam macht. Dort sind verschiedene Programmpunkte wie Fütterungen und Trainingszeiten mit den Walen und Delfinen ausgeschildert. Wir schauen uns eine nach der anderen an und lernen dabei eine Menge über die einzelnen Tierarten, aber auch über die Hintergrundarbeit des Aquariums. So werden hier beispielsweise keine Wildfänge gehalten und gezeigt sondern ausschließlich solche Tiere, die krank oder verletzt aufgefunden und gesund gepflegt wurden und nicht mehr ausgewildert werden konnten, weil sie draußen in freier Wildbahn keine Überlebenschance hätten. Daher ist auch das Marine Mammal Rescue Centre Teil der Einrichtung. Dies ist eine eigene Pflegestation, in der jedes Jahr über 100 kranke, verletzte oder verwaiste Meeressäuger wie zum Beispiel Otter, Seelöwen, Schildkröten, Delfine oder auch Orcas gesund gepflegt und nach Möglichkeit wieder in die Freiheit entlassen werden können.

Wir schauen uns unter anderem eine Trainingseinheit bei den Delfinen an. "Training" heißt hier nicht, dass eine Show für die Besucher abgehalten wird. Sondern es geht darum, die Tiere geistig sowie körperlich fit und gesund zu halten. Auch das medical training ist ein wichtiger Bestandteil. In dem Becken leben Helen und Chester. Helen ist ein Pacific white-sided dolphin (Weißstreifendelfin) und kam hierher, da sie sich in einem Fischernetz verfangen hatte und aufgrund ihrer schweren Verletzungen nicht wieder ausgewildert werden konnte. Chester ist ein false killer whale (Kleiner Schwertwal). Er kam als Kalb in das Rescue Centre und musste anfangs 24 Stunden an der Wasseroberfläche gehalten werden da er zu schwach war, um selbst an die Oberfläche zu schwimmen und Luft zu holen. Heute merkt man den beiden von den Strapazen nichts mehr an. Sie helfen, mehr über diese seltenen Meeressäuger herauszufinden und sind Botschafter für all die Tiere, die durch die industrielle Fischerei und Verschmutzung der Meere sterben.

In einem anderen Becken lebten bei unserem Besuch Aurora und ihre Tochter Quila, zwei Belugawale. Beim Recherchieren für den Blog habe ich nun erfahren, dass beide Mitte November verstorben sind ... Wodurch natürlich wieder die Frage nach dem Sinn und der Rechtmäßigkeit aufgeworfen wird, solche Tiere in Gefangenschaft zu halten. Eigentlich werden Belugas in freier Wildbahn nur um die 15 Jahre alt, diese beiden wurden 21 und 30 Jahre alt. Nachdem zunächst Quila aufgrund von Krankheit verstarb, zeigte Aurora einen Tag später die gleichen Symptome und folgte ihrer Tochter nur neun Tage später, trotz intensiver medizinischer Betreuung.

Mit den beiden Belugas in einem Becken lebte auch ein Harbour Porpoise (Gewöhnlicher Schweinswal). Was nun aus ihm wird, ob er Gesellschaft bekommt oder umzieht, konnte ich noch nicht herausfinden.

Eigentlich stand demnächst ein Neubau des kompletten Außengeländes an, um eine größere, artgerechtere Umgebung für die Meeressäuger zu schaffen.

 

Chester
Chester
Seelöwe
Seelöwe

Nachdem wir noch die Seelöwen, Otter und Pinguine besucht haben, schauen wir bei der Fütterung der Haie und einer Meeresschildkröte zu, die gemeinsam mit anderen Fischen in einem Becken leben. Zwischendurch verschwindet wohl auch mal der ein oder andere Fisch, aber in der Regel lassen die Haie sie in Ruhe, da sie regelmäßig gefüttert werden.

Schoona, die Meeresschildkröte, wurde 2005 vor der Küste British Columbias gefunden und litt bereits unter einem Kälteschock. Sie wurde ebenfalls im Rescue Centre gesund gepflegt.

Zum Schluss statten wir den Rochen noch einen Besuch ab. Zu bestimmten Zeiten ist es möglich, sie in dem flachen Wasser zu streicheln - ich belasse es dann doch beim Anschauen, denn ich kann mir nicht vorstellen dass es so angenehm für die Tiere ist, wenn ständig fremde Hände nach ihnen greifen und sie anfassen wollen.

Trotz allem - von dem tragischen Tod der beiden Belugas ahnten wir damals ja noch nichts - hat uns der Besuch sehr sehr gut gefallen. Es gibt sehr viele Infos, ergänzende Ausstellungen und interpretive talks zu den einzelnen Tierarten, bei denen man eine Menge lernt. Die Angestellten scheinen sehr engagiert und sehr um das Wohl der Tiere und deren Schutz in freier Wildbahn bemüht.

 

Wir machen uns nun langsam wieder auf den Weg zurück zum Bahnhof, auf dem Weg halten wir nach einer Gelegenheit zum Abendessen Ausschau. Wie gut, dass wir uns schon mal in den grundlegenden Dingen einig sind: Nudeln und Pizza sind ok, Asiatisch ist raus. Eigentlich sollte da ja in einer Stadt wie Vancouver was zu finden sein, nur irgendwie kommen wir dem Bahnhof immer näher und haben noch immer nichts Passendes gefunden. Da fällt mir die Spaghetti Factory ein und wir beschließen, uns die einmal genauer anzuschauen. Was definitiv die richtige Entscheidung war. Es ist rappelvoll als wir ankommen und wir müssen ein paar Minuten auf einen freien Tisch warten, was aber nicht schlimm ist. Gäste, die nach uns kommen, kennen das schon und freuen sich, wenn sie "nur" eine halbe Stunde warten müssen. Das Essen dort ist aber auch absolut genial, alles frisch und selbst gemacht. Wir beschließen, hier an unserem letzten Abend nochmal mit Annika hinzugehen.

Anschließend laufen wir das restliche Stück zum Bus. Diesmal klappt auch alles reibungslos, wir kommen pünktlich an und auch unsere Koffer sind noch da. Nun kann sie also beginnen, die achtstündige Fahrt durch die Nacht Richtung Norden.

Fortsetzung folgt aus Platzgründen auf der nächsten Seite ...